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„Nicht nur Lärm“: Legendäres Hamburger Ärzte-Album wird 20

Die Ärzte rockten vor 20 Jahren das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hamburg.
Die Ärzte rockten vor 20 Jahren das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hamburg.
Foto: dpa/Wagmüller PR | Jörg Steinmetz

Punk in Schuluniform auf Elektro-Rollstühlen. Das Unplugged-Konzert für MTV vor 20 Jahren hat für Die Ärzte bis heute Sonderstatus. Auch das zur „Rock’n’Roll-Realschule“ mutierte Hamburger Gymnasium profitiert noch immer davon.

Dunkelblaue Vorhänge mit Sternen, ein Chor in Schuluniform, auf der Bühne Die Ärzte Bela B, Farin Urlaub und Rod González mit Elektro-Rollstühlen. Die Szenerie hat die Berliner Punkband für das bis heute legendäre Unplugged-Konzert für den Musiksender MTV geschaffen. In der „Rock’n’Roll-Realschule“ stehen vor 20 Jahren am 31. August 2002 zudem Schulorchester und -chor im Hamburger Albert-Schweitzer-Gymnasium bereit. Vor allen Beteiligten liegt das „mit Abstand längste Konzert unseres Daseins“, erinnert sich Gitarrist Farin Urlaub im Gespräch. „Fünf oder sechs Stunden, eine wirklich unfassbar lange Zeit.“

Die Ärzte: Hamburger Gymnasium schlägt 900 Schulen

Rund 900 Schulen wollen das Konzert beherbergen. Für das Hamburger Gymnasium spricht einiges. Die alte Aula etwa, auch wenn wegen der schweren Bauten und Technik Architekten und Statiker hinzugezogen werden müssen. Der Zufall will es, dass Bela B in derselben Straße wohnt. Musiklehrer Jochen Arp hat schon Rod González unterrichtet.

Die beiden arrangieren gemeinsam gefeierte Songs wie „Westerland“ oder „Schrei nach Liebe“ um. Der Bassist will das Orchester als „vierten Arzt“ dabei haben. Schlagzeuger Bela B erinnert sich: „Wir haben länger mit dem Schulorchester geprobt, weil es eben auch Schüler waren und keine abgeklärten Orchester-Dudes, denen man einfach die Noten hinlegt.“ Für die ausgewählten etwa 30 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums wird über Wochen der Lehrplan angepasst.

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Vieles geht nur, weil André Schulz es ermöglicht. Der heute 62-Jährige ist noch immer Hausmeister des musischen Gymnasiums. „Ich habe ja quasi die Entstehung eines ganzen Konzertes miterlebt. Vom Aufbau, über die Tonmischung und die vielen anderen Puzzleteile. Zu erleben, wie das alles zu einem großen Ganzen wurde, war richtig cool. Fast beeindruckender als das Konzert selbst“, sagt Schulz. Die Musik? Privat hört Schulz härteren Rock und Deutschpunk.

Für Die Ärzte bedeutet das Konzert auch einen Imagewandel. „Für viele Leute waren wir ’ne Krachband, Punk und so. Und nach dem Unplugged merkten manche von denen: Die können ja richtig spielen“, sagt Farin Urlaub. Einige nehmen die Band in seiner Erinnerung zum ersten Mal wahr: „Ach guck mal, die machen ja auch Popmusik, die machen ja nicht nur Lärm.“

„Ach guck mal, die machen ja nicht nur Lärm“

Gespielt und gesungen wird an einem sehr heißen Augusttag. Die Gymnasiasten kommen nicht automatisch in den Genuss des Konzertes. Nur rund 200 Leute haben in der Aula Platz, die Tickets werden über Radiogewinnspiele und die Internetseite der Ärzte verlost. Teilweise sei er angebettelt worden, den einen oder die andere noch einzuschleusen. „‚Herr Schulz, wir tun alles, wenn sie uns nur da rein lassen‘, haben sie gesagt. Das war schon fast wie im Film. Fast schon befremdlich“, erinnert sich der Hausmeister.

Damals wie heute Hausmeister des Albert-Schweitzer-Gymnasiums: André Schulz. Foto: dpa | Marcus Brandt

Die Ärzte sind nach Herbert Grönemeyer und den Fantastischen Vier die dritten deutschsprachigen Künstler, die für MTV-Unplugged ein Konzert einspielen. Die Regeln sind strikt: keine E-Gitarren oder elektronischen Instrumente etwa. Die Musiker müssen sitzen. Auch Bela B, der sein Schlagzeug sonst immer im Stehen spielt.

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Die Ärzte präsentieren nicht nur ihre Hits. Auch fast noch nie gespielte Lieder wie „Monsterparty“ sind im Programm oder das eigentlich indizierte „Schlaflied“. Rund 40 Songs werden komplett gespielt oder im Medley verpackt. Dazu die Improvisationen bei technischen Pannen oder Arbeiten auf der Bühne. „‚Umbaupause‘ ist einer unserer größten spontan entstandenen Hits“, sagt Bela B.

Einen Vertragsbruch mit voller Lautstärke, Verstärker und elektrischen Gitarren hat sich die Band mit „Dauerwelle vs. Minipli“ für das gerade mal einminütige Finale im furchteinflößenden Black-Metal-Outfit aufgespart. „Wir haben uns dafür auch noch komplett geschminkt, die komplette Warpaint aufgetragen und Chaps und Metallnietenarmbänder und das alles“, berichtet Farin Urlaub. Auf dem Album „Rock’n’Roll-Realschule“, das im November 2002 erscheint, ist für den Song kein Platz.

Albert-Schweitzer-Gymnasium: „Rock’n’Roll-Realschule“ ist längst passé

In der Schule ist von all dem heute nicht mehr viel zu sehen. Nur im Büro von Hausmeister Schulz finden sich noch einige Devotionalien. Dort hat er einen MTV-Unplugged-Platin-Award stehen. „Bester Hausmeister der Welt“ steht drauf. Eine Auszeichnung bescheinigt mit silberner Plakette und Konzert-Scheiben den Titel „Rock’n’Roll-Realschule“. Bela B: „Die hat er sich aber auch redlich verdient.“

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