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Der „lustige Astronaut“, der Chef-Arzt wurde: Farin Urlaub wird 60

Der „lustige Astronaut“, der Chef-Arzt wurde: Farin Urlaub wird 60!
Der „lustige Astronaut“, der Chef-Arzt wurde: Farin Urlaub wird 60! (Archivbild)
Foto: dpa | Moritz Frankenberg

Mit Pogo am Stadtrand geht es los. Der Punk lässt Jan Vetter zu Farin Urlaub werden. Seine Gitarre markiert den Sound einer der erfolgreichsten deutschen Bands. Nun wird er 60 Jahre alt.

Die erste Gitarre stammt vom Sperrmüll. Das Instrument passt gut zur Musikleidenschaft des neun Jahre alten Jan Vetter. Der Unterricht bei einer Nachbarin bleibt noch beim Volkslied hängen. Doch Jan drängt es zu anderer Musik, er steht auf The Beatles und Frank Zappa, noch im Teenageralter landet er beim Punk. Als Farin Urlaub wird er kreativer Teil einer der erfolgreichsten deutschen Bands. Doch auch am Punkrock gehen die Jahre nicht vorbei. Farin Urlaub, Gitarrist der Berliner Band Die Ärzte, wird an diesem Freitag 60 Jahre alt.

„Wir spielen jetzt natürlich ein bisschen besser als früher“

„Wir spielen jetzt natürlich ein bisschen besser als früher und es sind mehr Leute da“, sagt Urlaub gut 40 Jahre nach dem ersten Ärzte-Konzert. Doch bis dahin ist es ein Stück des Wegs.

Eine Station des noch jugendlichen Punkrockers ist eine Disco in Spandau, wo auch mal Musik der Sex Pistols oder von The Clash aufgelegt wird. Beim Pogo am Rand der noch geteilten Stadt treffen sich Jan Vetter und Dirk Felsenheimer zum ersten Mal – als Farin Urlaub und Bela B stehen sie bis heute gemeinsam auf der Bühne.

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Anfang der 80er spielen sie in der Punkband Soilent Grün. Die beiden jungen Leute leben auch zusammen in einer kleinen Wohnung in Charlottenburg. Bleibt einer zu lang im Bad, legt der andere „schlimmste Foltermusik“ von Bettina Wegner, Hans Hartz, Ina Deter oder der Mittelalter-Band Ougenweide auf den Plattenteller, wie Stefan Üblacker in der autorisierten Biografie „Das Buch Ä“ schreibt.

Die wohl bekanntesten Ärzte der Nation: Farin Urlaub (l.), Bela B. und Rodrigo Gonzalez. (Archivbild)Foto: picture alliance/dpa/Wagmüller PR | Jörg Steinmetz
Die wohl bekanntesten Ärzte der Nation: Farin Urlaub (l.), Bela B. und Rodrigo Gonzalez. (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa/Wagmüller PR | Jörg Steinmetz

Mit Die Ärzte bringen sie ihre Form von Humor in den Punk. In den Songs, vor allem aber auf der Bühne liefern sich die beiden Reimkaskaden und Dialogduelle, die meist vor Sprachwitz sprühen, Plattitüden und Peinlichkeiten nicht ausgeschlossen. Einer der ganz frühen Songs ist bis heute Kult unter Ärzte-Fans: „Der lustige Astronaut“, als Demo sogar schon 1978 in Farin Urlaubs Kinderzimmer entstanden.

Bei der Gema-Anmeldung können Künstlernamen angegeben werden. Bela B steht für Felsenheimers Liebe zu Horror-Darsteller Bela Lugosi plus dem B der Zeichentrickfigur Barney Geröllheimer, Vetter streicht aus seiner Leidenschaft (Fahr in Urlaub) einen Buchstaben und verbindet zwei Wörter zum Vornamen.

Farin Urlaub 1988Foto: IMAGO / BRIGANI-ART
Der junge Farin Urlaub im Jahr 1988. (Archivbild) Foto: IMAGO / BRIGANI-ART

Vier Bildbände zeugen von seinen unzähligen Reisen, die als „gezielt planloses Treiben“ auch schon mal ein Jahr dauern können. Dann ist er mit dem Motorrad unterwegs oder mit Auto, Dachzelt und „Wasser und Nahrung an Bord, um mindestens zehn bis 14 Tage überleben zu können“ Sein erstes Solo-Album heißt 2001 „Endlich Urlaub!“.

Farin Urlaub: Keine Exzesse, sondern Tee mit Honig

Auch sonst erfüllt Urlaub kaum Punk-Klischees. Er liest viel, auch um „zumindest ein paar der wichtigsten Bücher jedes größeren Kulturkreises zu kennen“. Exzesse sind nicht bekannt, sein Privatleben schottet er ab, er trinkt keinen Alkohol. Auf der Bühne im dunklen Shirt gibt es „Pfefferminztee mit einem winzigen Schuss Fenchelhonig. Gut für die Stimme.“

Ergeben sich irgendwo musikalische Einfälle oder Textideen, kommen sie meist aufs digitale Diktiergerät. Urlaub ist sowas wie die Hit-Maschine von Die Ärzte. „Zu spät“, „Westerland“, „Himmelblau“, „Junge“, „Mach die Augen zu“, „Wie es geht“, „Deine Schuld“ – die Reihe ließe sich schier endlos verlängern.

Farin Urlaub (l.-r.), Bela B. und Rod Gonzales (Archivbild)Foto: dpa | Axel Heimken
Farin Urlaub (l.-r.), Bela B. und Rod Gonzales (Archivbild). Foto: dpa | Axel Heimken

Mit „Geschwisterliebe“ schreibt Urlaub auch einen der folgenreichsten Ärzte-Songs. Das Lied steht seit 1987 auf dem Index. Urlaub findet es bis heute lustig, dass er „als – übrigens sexuell völlig unbedarfter – 15-Jähriger diesen jugendgefährdenden Text überhaupt schreiben konnte“.

Ärzte-Songs sind meist Einzelarbeit von Farin Urlaub, Bela B (60) und Bassist Rodrigo „Rod“ González (55). „Jeder von uns schreibt Songs, die die anderen beiden niemals schreiben würden“, beschreibt es Urlaub. Zu den extrem seltenen Ausnahmen zählt eines der bekanntesten Lieder der Band. Den vor 30 Jahren veröffentlichten Song „Schrei nach Liebe“ schreiben Farin Urlaub und Bela B gemeinsam. Für Urlaub gehört das Lied gegen Rechtsextremisten „auf jeden Fall“ zu großen Shows der Band. „Das ist nicht nur ein toller Song, sondern auch ein wichtiges Statement; ein Lied, in dem wir uns eindeutig positionieren.“

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Der Song markiert 1993 auch einen Neubeginn nach fünf Jahren Ärzte-Trennung, nun mit González in der Band. Auch später gab es lange Jahre des Abstands bis zu den jüngsten Alben. „Irgendwann waren wir uns nicht mehr grün“, so Urlaub. Dabei wirft keiner für immer das Handtuch. „Sondern viel schlimmer, eigentlich so ein schleichender Tod.“

Es folgt „nicht so ein Männerding: man redet nicht mehr drüber“, sondern Aussprache mit neuer Wertschätzung. „Wir sind halt zu dritt, einfach mehr als die Summe unserer Teile“, so die Einschätzung Urlaubs. „Mit meinem Solo-Projekt Racing Team ist das nicht so. Da macht die Band genau das, worum ich sie bitte. Und das auch noch besser. Aber so, dass man nochmal einen Schritt weiterkommt, das gibt’s für mich nur in dieser Konstellation.“ (dpa/mp)

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