Betterov war in Hamburg schon im Michel und im Mojo zu Gast. Am Mittwochabend feierte der nachdenkliche Newcomer des Indie-Rock eine euphorische Mitsing-Messe in der Großen Freiheit.
„Könnt ihr mit mir singen?“ fragt Betterov am Mittwochabend das Publikum, eine rhetorische Frage. Bereits bei Lied Numero Vier, „Die Leute und ich“, übertönt die Großen Freiheit die Stimme des 29-Jährigen. „Mit den Leuten und mir / Ist es ziemlich kompliziert / Egal wie viel wir auch probieren / Es hat nie richtig funktioniert“ singen sie wie aus einer Kehle und ziehen so den Text kurzerhand auf links.
Betterov in Hamburg: Feinsinniger Post-Rock trifft Danger Dan
Manuel Bittorf, so Betterovs bürgerlicher Name, schaut sich den Zufalls-Chor mit sanftem Lächeln an. Post-Rock-Schwelgereien mit feinsinnigen Texten sind das Markenzeichen des bescheiden auftretenden Thüringers. Während draußen leise der Schnee rieselt, baut Betterovs Band drinnen eine meterhohe Wall of Sound auf, dirigiert von dem Sänger und Gitarristen, der Arme immer wieder kerzengerade gen Himmel streckt oder sie horizontal ausbreitet.
Die angedeutete Umarmung funktioniert auch im übertragenen Sinn: Die Texte auf Betterovs Debüt „Olympia“ (2022) und dem in diesem Jahr erschienenen Nachklapp „Ehrenrunde“ erzählen von der Flucht aus der Enge der Kleinstadt, weg von starren Weltanschauungen, hinaus in die Weite.
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Drei Stücke spielt er allein am E-Piano, man denkt sofort an einen Bruder im Geiste, Danger Dan. „Viertel vor irgendwas“ kommt auch nochmal in voller Bandbesetzung daher, unterstützt vom euphorischen Publikums-Chor: „Ich bin die pure Langeweile / Das Einzige, was ich weiß / Ich ertrag mich nicht alleine.“
Wie schön! Lieder über Entfremdung eignen sich also bestens als Bindemittel zwischen Menschen. Man muss sich nur trauen, den Mund aufzumachen.