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25 Jahre Wissenschaft in der Musik: Fünf Sterne Deluxe haben es immer noch drauf

Fünf Sterne Deluxe in der Halle K6 auf Kampnagel
Foto: Lisa Wassmann

Ein Vierteljahrhundert Wissenschaft in der Musik: 25 Jahre nach dem Erscheinen des Erfolgsalbums „Sillium“ feierte das Hamburger Hip Hop-Quartett Fünf Sterne Deluxe am Freitag Jubiläum auf Kampnagel. Auch wenn die Haare der charmanten Band um Tobi Tobsen und Das Bo schon ein wenig ergraut sind: Sie wissen noch genau, wie sie ihre (alten) Fans glücklich machen. Und am heutigen Samstag gibt es die Zusatz-Show an gleicher Stelle.

Sillium, das erste und bekannteste Album von Fünf Sterne Deluxe wurde vor kurzem 25 Jahre alt. Aus dem Anlass baten die mittlerweile schon teilweise ergrauten Herren zur großen Sillium Extravaganza – – in die bestuhlte K6-Halle auf Kampnagel. Kurzer Hinweis: Der Autor dieser Zeile ist wegen dieser Platte vor 24 Jahre nach Hamburg gezogen. Objektivität wird aber trotzdem versucht.

Der Saal K6 auf Kampnagel, bestuhlt und bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Besucher: Gefühlt nur Menschen zwischen 40 und 50, laut Adam Riese also zwischen 15 und 25 Jahre jung, als mit Sillium und Bambule von den Absoluten Beginnern sowie weiteren Künstlern Hamburg für ein paar Jahre kurz vor der Jahrtausendwende zu dem Epizentrum für Hiphop aus Deutschland wurde. Man sieht Band-Merchandise aus dieser Zeit: Dynamite Deluxe, Eimsbush Entertainment. Die Fans von damals sind auch heute mit dabei.

25 Jahre Fünf Sterne Deluxe: Party auf Kampnagel

Los geht es mit einem auf die mit Vorhang verdeckte Bühne projizierten Video: Alte VHS-Aufnahmen von damals jungen, Bier, Cannabis und Zigaretten konsumierenden Musikern. Aus heutiger Sicht totale Kinder. Aber in dem Alter haben sie Musik erschaffen, die blieb. Kurz wird das Video unterbrochen und Das Bo stürmt durch den Saal, meckert an der Soundkarte der Technik herum, da die Bilder auf der Leinwand nicht mehr synchron mit dem Ton sind. Die Zuschauer schon sich schon fragend an: Droht das hier – ganz in Sillium-Manier – zu einem hyperexperimentellen Abend zu werden? Das Video läuft schnell wieder und nach ein paar Minuten öffnet sich der Vorhang und eine komplette Band kommt zum Vorschein. Alle auf der Bühne tragen weiße Chemie-Kittel, passend zur Covergestaltung von Sillium.

Es geht los mit dem nach der Band benannten Fünf Sterne Deluxe. Was folgt, ist ein Reigen durch das gesamte Album: 17+4, My Life, Dördichkeit, zwischendurch unterbrochen von mehreren auf dem ganz schmalen Pfad zwischen Dadaismus und feinsinniger Intelligenz changierenden Poetry-Slam Einlagen von Das Bo, natürlich als Boetry von Edgar Allen Boe angekündigt. „Wir hatten damals auch schon Problem, es war brutal. Friday for Future ist heute nur am Freitag, wir hatten das damals die ganze Woche. Nur ohne Future“. Dann wieder rasante Brecher wie Disco Clowns und Party Rapper, Discotizer, oder Sowieso, zu dem auch Ferris MC als alter Kollege mit auf die Bühne springt. Das Publikum ist begeistert, kaum einer sitzt noch, sehr viele sind nach ganz vorne vor die Bühne gekommen. Fünf Sterne Deluxe haben den Laden im Griff.

Sillium: Musik zwischen Genie und Wahnsinn

Die Band spielt extrem tight, dem Grinsen des Schlagzeugers entnimmt man die Freude, die sonst bei Fünf Sternen von der Maschine kommenden Beats live am kleinen aber massiv auf die Lautsprecher verstärkten Schlagzeug in die Magengrube der Zuschauer zu drücken. Man kommt bei dem Sound nicht umhin, an die damalige Begleitband von Prince, die New Power Generation zu denken. Die aus zwei Frauen und drei Männern besetzte Band mit Keyboard/Sampler, Bass, Gitarre, Drums und Percussion spielt die seit 25 Jahren bekannten Songs mit einem deutlich fetteren Groove als die Originalaufnahmen auf Sillium. Das muss man auch erstmal schaffen.

Sowieso Sillium: Das ganze Konzept rund um das dadaistische Album, ganz präzise zwischen Genie und Wahnsinn positioniert, wird während fast der ganzen Show durchgezogen: Über der Band hängen übergroße als Planeten angestrahlte Molekülstrukturen und zwischen den Songs werden auf der Bühne erst kleine und dann größere Reagenzgläser mit blauer Flüssigkeit getrunken. Bei der Flüssigkeit könnte es sich um Blue Curacau gehandelt haben, aber, wie man lernt, auf keinen Fall um Silliium. Denn das ist in Wahrheit bloß eine Raststätte an der A7 bei Hildesheim.

Keine Rast auf der Bühne, denn hinten raus wird der Druck nochmal erhöht: Die Bassistin hat auf einmal einen Kontrabass vor sich und stimmt damit die allen Zuschauern in- und auswendig bekannte Bassline von Dein Herz Schlägt Schneller an. Kalle Schwensen wird mit seinem richtigen Namen erwähnt, nicht mit seinem Filmnamen aus dem Film Das Miststück von 1998. Direkt danach folgt Willst Du mit mir gehen (Will Smith Meer Gayne), leider ohne den im Juli 2021 verstorbenen Feature-Gast Biz Markie.

Nach 25 Jahren: Fünf Sterne Deluxe immer noch voller Energie

Wurde vor der ersten Zugabe hinter der Bühne kurz Sillium genascht? Die Band taucht nach kurzer Pause mit immer noch enormer Frische und Energie auf und dreht mit einem Medley aus den beiden vom Neo.Now stammenden Songs Die Leude und Ja, Ja, Deine Mudder sowie dem Solohit Türlich Türlich von Das Bo nochmal richtig auf. Als zweite Zugabe folgt nach einer kurzen Cypress Hill-Antäuschung der wohl schrägste Sillium-Song überhaupt: Nirvana, dazu eine psychedelische Beleuchtung, fast wie bei Pink Floyd in der Syd Barrett-Ära.

Dann ist aber Schluss und 2000 Menschen verlassen glücklich den Saal. Aus Gesprächsfetzen hört man die Freude an wiederentdeckten Zeilen wie „Vier Fünfer, ein Zwanni, vier Schachteln Ziesen, eine BMW-Kolonne oder Tracks wie diesen“. Herrlich.

Apropos Pink Floyd: Ebenfalls vor kurzem wurde deren Meisterwerk Dark Side Of The Moon 50 Jahre alt und feierte beim Erscheinen von Sillium seinen 25. Geburtstag. Kann diese Symmetrie Zufall sein? Man weiß es nicht. Was wir auch nicht wissen, ist, welche aktuelle Platte wohl in 25 Jahren ein großes Jubiläum abfeiern wird. Diese Frage ist am diesem Abend jedoch egal. Heute freut sich sicher jeder auf das nächste Jubiläum von Sillium. Auch wenn das noch 25 Jahre hin ist.

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