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„Jetzt fange ich wieder an zu schrumpeln“: Andreas Dorau wird 60 – und feiert das auf ganz besondere Weise

Dorau sitzt auf einer Treppenstufe, trägt T-Shirt und einen schwarzen Schal mit weißen Punkten
Andreas Dorau (59): „Das Älterwerden erinnert einen daran: Ich habe den Zenit überschritten.“
Foto: Sönke Held

Pünktlich zu seinem 60. Geburtstag erscheint das neue Album des Hamburger Elektropop-Pioniers Andreas Dorau. Im Interview spricht der Mann, der vor gefühlt Äonen von Jahren über „Fred vom Jupiter“ sang, über geheimnisvolle Gebüsche, sein „Touristen-Englisch“, einen denkwürdigen Auftritt im ZDF-Morgenmagazin und die Krux mit dem Älterwerden.

MOPOP: Dein neues Album heißt „Im Gebüsch“. Dort kann man ja allerhand entdecken: Vogelnester, verlorene Dinge …

Andreas Dorau: (unterbricht aufgeregt) Genau darum geht es! Ich hatte den Titel schon vor Langem notiert, weil ich fand, dass er angenehm nebulös klingt (lacht). Als Kind habe ich immer geglaubt, dass ich im Gebüsch etwas finde: ein Portemonnaie oder Zeichen eines Verbrechens. Das Gebüsch ist so ein bisschen die Schmuckschatulle der Natur.

Das wird gefeiert: Am 19. Januar wird Andreas Dorau 60 Jahre alt

Es gibt aber kein Lied, das so heißt?

Nein. Die Platte hat  kein Thema, weder inhaltlich noch musikalisch. Ich würde das eher als Stückesammlung bezeichnen.

Nach deinem schon älteren Song über den Hühnerposten singst du jetzt über die Weidenallee in Eimsbüttel – warum?

Das ist eher eine unfreiwillige Hommage. In der ersten Version des Stückes hieß es noch Champs Élysées, aber ich wollte auch keine Frankreich-Hommage machen und dann tauchte irgendwie die Weidenallee auf. Ich war davon ausgegangen, dass eine Straße diesen Namens in jeder dritten Großstadt gibt, musste dann aber feststellen, dass es wirklich nur die eine in Hamburg gibt. Ich mag die ja auch.

Auf „Im Gebüsch“ besingt er auch die Weidenallee in Eimsbüttel

Du hast das Lied kürzlich im ZDF-Morgenmagazin gesungen. Wie war die Erfahrung?

Interessant! Man muss ja sehr früh da sein und ich konnte die Nacht vorher gar nicht schlafen. Aber die waren da alle ausgesprochen freundlich! Man begegnet bei anderen Veranstaltungen ja schon mal irgendwelchen unfreundlichen Tontechnikern. Das einzige Manko ist, dass man da nur in Zimmerlautstärke spielen kann. Ich wusste beim Auftritt auch nicht, wohin mit meinen Händen.

Eine grauhaarige Frau hat den Refrain mitgesungen („Auf der Weidenallee, mit einem Becher Kaffee“), obwohl sie ihn vermutlich zum ersten Mal gehört hat.

Huch! Da hast du mir jetzt gerade ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

PlattencoverFoto: Tapete Records
Die Platte erscheint an Doraus 60. Geburtstag, dem 19. Januar.

In „Was nimmst Du mit?“ geht es darum, was man bei einem Zimmerbrand retten würde. Treibt Dich diese Frage um?

Ja! Natürlich rettet jeder halbwegs anständige Mensch erst einmal jegliche Lebewesen. Früher hätte man Urkunden und Ausweise mitgenommen, aber vieles bekommt man ja heute digital ersetzt. Ich glaube, wenn der unschöne Fall eintreten würde, dass es bei mir im Haus brennt, greife ich mir einfach irgendetwas.

Du singst jetzt auch auf Englisch – „Touristen-Englisch“, wie du selber sagst.

Ja, ich kann kein „th“ und habe eine sehr schlechte Aussprache.

Wieso machst Du es trotzdem?

Das ist zufällig passiert. Die beiden englischen Stücken sind zu vorgerückter Stunde entstanden. Ich habe einfach so auf Englisch losgesungen und war mir unsicher, ob ich das gut finde. Bei „Rainy Days In Moscow“ habe ich sogar noch Versuche gemacht, das einzudeutschen, was überhaupt nicht funktionierte. Dann habe ich entschieden, dass ich die Stücke doch rausbringen möchte.

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Das Album-Release-Konzert findet an Deinem 60. Geburtstag statt. Du hast das als Ablenkungsmanöver bezeichnet. So schlimm?

Geburtstage fühlen sich immer irgendwie komisch an, runde Geburtstage ganz besonders. Zu meinem 50. Geburtstag hatte mein Label Tapete ein Geburtstagskonzert organisiert. Erst war ich dagegen, mich da so abfeiern zu lassen. Ich stelle aber fest, dass das für mich wirklich toll war, weil ich sowohl die Tage davor als auch beim Konzert die ganze Zeit mir irgendwelchen Orga-Dingen beschäftigt war und keine Zeit hatte, grüblerisch zu werden. Da dachte ich: Ja, das lässt sich hier doch sehr gut wiederholen!

Geburtstagsparty im Knust: Am 19. Januar mit vielen Gästen

Wie würdest Du dein Verhältnis zum Altern beschreiben?

Puh, ich versuche, ehrlich gesagt, nicht so viel darüber nachzudenken, weil: Welche Erkenntnis erhoffe ich mir? Ich wüsste nicht, was mir das bringt.

Hast Du schon Altersdiskriminierung erlebt?

Nein, aber ich hätte nichts dagegen, wenn die im akzeptablen Rahmen bleibt (lacht). Ich will ja auch nicht rüberkommen wie Opa, der vom Krieg erzählt: Früher war alles besser! Das Älterwerden erinnert einen daran: Ich habe den Zenit überschritten. Jetzt fange ich wieder an zu schrumpeln.

Knust: 19.1., Konzert und Party mit Gästen, 20 Uhr, ab 27 Euro

So klingt das Album „Im Gebüsch“

Stücke, in denen ein Hamster den ganzen Hausrat erbt, Störche singen und dem Ich die Identität abhanden kommt: Andreas Dorau gräbt auf „Im Gebüsch“ erneut im Neben- und Abseitigen, oft extrem Ohrwurm-lastig, mal melancholisch gedimmt. Musik für Menschen, die mit wissendem Lächeln über die Schlaglöcher des Lebens rumpeln. Das Album erscheint am 19. Januar beim Hamburger Label „Tapete Records“ – auch als limitierte Bonus-Version in farbigem Vinyl.

„Yeah! Yeah! Januar!“: Tickets für die Geburtstags-Party zu gewinnen!

Im Rahmen unseres Gewinnspiels „Yeah! Yeah! Januar!“ verlosen wir auf dem MOPOP-Instagram-Kanal @mopophamburg ab Samstagmittag 1 x 2 Tickets für Andreas Doraus Geburtstagsfeier

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