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Die Macher des „Mind The Gap Fanzines“: „Punk ist Mitmach-Kultur, wir wollen der Szene etwas zurückgeben“

Der Captain (l., Christian Böttjer) und Gierfisch (Christian Maas) sind die Macher des „Mind The Gap Fanzines“, das in diesem Jahr seinen 25 Geburtstag feiert.
Der Captain (l., Christian Böttjer) und Gierfisch (Christian Maas) sind die Macher des „Mind The Gap Fanzines“, das in diesem Jahr seinen 25 Geburtstag feiert.
Foto: Mind The Gap Fanzine

Wenn man noch ein Fanzine in den heutigen schnelllebigen Zeiten macht, dann muss man die Sache wirklich lieben. Das Herz der Hamburger Christian Böttjer (Der Captain) und Christian Maas (Gierfisch) schlägt für Punkrock – seit 25 Jahren veröffentlichen sie das „Mind The Gap Fanzine“ ein Mal im Jahr. MOPOP sprach mit ihnen über ihre Punkrock-Liebe, den Status Quo von Fanzines im Allgemeinen, die Punk-Szene und ihre besten und skurrilsten Interviews in 25 Jahren.

MOPOP: Herzlichen Glückwunsch zu 25 Jahren „Mind The Gap Fanzine“. Was ist euer Punkrock-Hintergrund und wie und wann genau kamt ihr auf die Idee, das Fanzine zu machen?

Der Captain: Wir haben selbst alle möglichen Fanzines gelesen. In Hamburg gab es beispielsweise das großartige „Stay Wild Fanzine“. Das hat uns beeinflusst und so kamen wir auf die Idee, es einfach mal selbst zu versuchen. Den Einfall hatten wir 1996/1997. Bei unserem London-Trip 1998 fanden wir dann den passenden Namen für das Fanzine und so erschien im gleichen Jahr unsere erste Ausgabe. 

„Mind The Gap Fanzine“: erste Ausgabe 1998

Für die, die euch noch nicht kennen: Könnt ihr mal ein bisschen erklären, wie das Heft aufgebaut ist? Auflage, Erscheinungsweise und Konzept.

Der Captain: Unsere aktuelle Auflage hat 600 Exemplare. Das „Mind The Gap“ ist ein tolles Hobby, eine Herzensangelegenheit und erscheint ein Mal im Jahr. Wir führen Interviews mit Bands, die wir geil finden und auf die wir einfach Bock haben. Das Themenspektrum haben wir in all den Jahren natürlich erweitert – und so finden sich etwa auch Interviews mit Schauspielern – Wotan Wilke Möhring, Charly Hübner und Bernd Michael Lade -, Köchen – Ole Plogstedt und Stefan Marquard – im Heft, die einen Bezug zu Punk haben. Sehr gut kamen auch die Interviews mit Nazi-Aussteigern wie Philip Schlaffer und Ingo Hasselbach an. 

Punk ist „DIY“, also Mitmach-Kultur. Das Fanzine ist eine Ausdrucksform, die uns ermöglicht, der Szene etwas zurückzugeben.

Gierfisch, einer der Macher des „Mind The Gap Fanzines“

Was fasziniert euch daran, eine eigene Zeitschrift zu gestalten?

Gierfisch: Punk ist „DIY“, also Mitmach-Kultur. Das Fanzine ist eine Ausdrucksform, die uns ermöglicht, der Szene etwas zurückzugeben. 

Warum sind Fanzines in der Punkrock-Szene so wichtig?

Der Captain: Es erleichtert den Leuten, mehr in die Subkultur einzutauchen und darüber zu erfahren. Zudem kann man natürlich auch viele neue Bands kennenlernen. 

„Mind The Gap Fanzine“: Szene-nah, ehrlich, kein Profit, keine Hypes

Warum muss es Fanzines eurer Meinung nach auch weiterhin übergeordnet als Medien geben?

Gierfisch: Ein Fanzine ist die Kombination aus Subjektivität und Leidenschaft. Szene-nah und brutal ehrlich. Ein unabhängiges Medium, bei dem es nicht um Profit oder schnelllebige Hypes geht.

Könnt ihr mal einen Überblick über die Fanzine-Szene geben? Gibt es noch viele oder sind auch einige gestorben, weil ja die Tendenz leider schon dahingeht, dass die Leute sich eher ihre Infos schnell im Internet suchen.

Der Captain: Es gibt viele kleine Fanzines, aber auch alteingesessene Fanzines wie das „Ox“ und „Trust“, die schon Ewigkeiten dabei sind. 

Warum sollte man sich die Zeit nehmen, weiterhin Plattenkritiken zu lesen – und auch als Kritiker zu schreiben?

Gierfisch: In den Plattenkritiken bilden wir die Vielfalt an neuen Bands ab. Neben Lobhudelei schreiben wir aber gerne auch saftige Verrisse. Kritiken in Printmagazinen sind eine ganz eigene Stilform. Sowas gibt es einfach nicht online.

Wie hat sich die Punkrock-Szene in der ganzen Zeit entwickelt? Gibt es die richtige Szene überhaupt noch oder ist Punk tot?

Der Captain: Natürlich gibt es die richtige Punkrock-Szene noch. Viele alte Bands sind wieder oder noch dabei und es gibt viele neue, junge Bands zu entdecken. Wenn du in Hamburg Bock auf Punk-Konzerte hast, kannst du ja quasi jeden Tag in der Woche irgendwo einen Gig besuchen. 

Ist Sexismus/sexualisierte Gewalt in der Punkrock-Szene eigentlich auch Thema bei euch gewesen? Es gibt da ja leider ein schlimmes aktuelles Beispiel: Justin Sane von Anti-Flag, dem genau das vorgeworfen wird, woraufhin sich die Band aufgelöst hat.

Gierfisch: Sexualisierte Gewalt in unserem direkten Umfeld glücklicherweise nicht. Hoffe ich zumindest. Es ist aber total richtig und überfällig, dass die Punkszene endlich dafür sensibilisiert wird. Punk war und ist über weite Strecken ein Boys-Club mit allen negativen Begleiterscheinungen. Es ist gut, wenn sich das ändert.

Ist es euch ein Anliegen, auch weiblich besetzte Bands abzubilden?

Der Captain: Wenn die weiblich besetzte Band uns total begeistert, machen wir das natürlich gerne. Wir möchten Bands geschlechterunabhängig abbilden, von denen wir einfach total überzeugt sind und diese unseren Lesern näherbringen. 

Nun erzählt mal jeder: Was war euer liebstes Interview/Ereignis fürs „Mind The Gap Fanzine“?

Der Captain: Es gab so viele Highlights in 25 Jahren. Für mich war ein absolutes Highlight natürlich das Interview mit Captain Sensible von The Damned 2007 in seinem Lieblingsrestaurant in London.

Gierfisch: Jedes Gespräch mit Marcus Wiebusch war besonders, weil er mich mit seiner alten Band … But Alive unglaublich stark geprägt hat. Als Fletcher von Pennywise am Rande der Warped Tour im Millerntorstadion mit uns über den Tod seines Freundes Jason gesprochen hat, war das ebenfalls ein besonderer Moment.

„Mind The Gap“: Interview mit DeeDee Ramone, aber leider ist es nie erschienen

Was war das skurrilste Erlebnis?

Der Captain: Wir waren beim vielleicht letzten Konzert von DeeDee Ramone im Logo. Wir rechneten eigentlich gar nicht mehr damit, dass wir ein Interview mit ihm führen durften. Dann kam irgendwann die Ansage: „Only the guys from the fanzine“. So durften wir zu ihm in den Backstage-Bereich. Leider sprach DeeDee total undeutlich, sodass wir dieses Interview nie transkribieren konnten. Es ist leider nie im „Mind The Gap“ erschienen. 

Und wer hat euch so richtig genervt? War überhaupt nicht so, wie ihr es erwartet hättet? Wer war am unzuverlässigsten?

Der Captain: Ich interviewte zusammen mit meiner Ex-Freundin mal The Adicts. Die waren einfach nur arrogant und unfreundlich. Dementsprechend fielen auch ihre Antworten aus, sodass wir zu der Entscheidung kamen, das Interview nicht zu veröffentlichen. 

Was sind eure Ziele für die nächsten 25 Ausgaben?

Der Captain: Es macht uns immer noch verdammt viel Spaß und kein Ende ist in Sicht. Ich möchte in den nächsten 25 Ausgaben noch viele spannende Leute interviewen. 

Mehr Infos übers „Mind The Gap Fanzine“ gibt’s auf der Facebook- oder Instagram-Seite des Hefts. Bestellen kann man es für 3 Euro plus Versand hier. Im aktuellen Zine gibt es zum Beispiel Interviews mit The Damned, Dirk Jora (ehemals Slime), Olli Schulz, Nikel Pallat (Ton Steine Scherben) und vielen mehr.

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