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„Der beste Verlierer“: Enno Bunger spricht auf seinem neuen Album harte Themen an

Bunger in schwarzem T-Shit (Aufschrift "Drink Coffee, Fight Fascism") steht draußen, im Hintergrund Meer mit Sonnenuntergang
Enno Bunger (37) ist mittlerweile Ex-Hamburger: Er lebt jetzt in Berlin.
Foto: Jan Seebeck

Von Steffen Rüth

Er hat sein heute erscheinendes fünftes Album zwar „Der beste Verlierer“ genannt, aber mit diesem Plattencover ist Enno Bunger der absolute Gewinner. Knuffig und ein klein wenig keck schaut sie einen von der Hülle aus an, Ennos Pudeldame Emma. „Das Foto war ein Zufallsschuss. Aber als ich es sah, war mir klar, dass kein anderes infrage kommt. Ich liebe Emma, und sie liebt mich auch. Sie ist mein Hoffnungsanker, ein Wesen voller Liebe.“

„Und ja, ich finde, wir sehen uns sogar ein bisschen ähnlich“, so Bunger. Natürlich, so der Pop-Singer/Songwriter, der seinerseits Lieder voller Zartheit, Melancholie und Fragilität, aber auch Tanztauglichkeit an Klavier und Gitarre schreibt, sei das Bild der schönen Hündin auch ein trojanisches Pferd. Denn: „Ich spreche auf dem Album über hochaktuelle und zum Teil harte Themen, die weit davon entfernt sind, leichte und unbeschwerte Kost zu sein. Trotzdem habe ich versucht, die Songs optimistisch, beschwingt und leichtfüßig zu verpacken.“

Das Album „Der beste Verlierer“ erscheint am Freitag

So klingt das leicht zynische „Weltuntergang (Alles hört auf)“ so richtig nach verschwitzter Indie-Disco und ein bisschen nach den Killers. „Kinder“ (ein Duett mit Lina Maly über die Frage, ob man selbige noch in diese Welt setzen möchte) und auch „Bunker“, das davon handelt, trotz aller Krisen und Verzweiflung das Beste aus seiner beschränkten Erdenzeit zu machen, sparen nicht mit elektronischen Elementen, auf „Einfache Leute“, das Enno gemeinsam mit Sebastian Madsen bestreitet, ist ein rockiges Eingeständnis der eigenen Doppelmoral.

Doch besonders intensiv sind ihm die langsamen Lieder gelungen. „Grasgelb“ zum Beispiel, der vielleicht erste kommerzielle Popsong, in dem das Wort „subventioniert“ vorkommt, und der sich mit deutlichen Worten gegen Turbomaterialismus und Klimawandelignoranz richtet. Oder „Ich sehe was“, wo Enno offen aber nicht ohne Optimismus über seine Depressionen spricht. „Ich habe versucht, auf diesem Album eine Brücke zu bauen zwischen dem, was in der Welt passiert und dem, was diese Ereignisse in mir persönlich auslösen“, sagt der 37-Jährige, der nach über einem Jahrzehnt in Hamburg („Wo ich mich sehr wohlgefühlt habe“) seit letztem Sommer in Berlin-Kreuzberg lebt – „Weil ich eine neue Herausforderung brauchte und sich eine gute Gelegenheit ergab.“

Das Albumcover von „Der beste Verlierer“ (Ennorm Records) zeigt seine Pudeldame Emma.Foto: nnorm Records
Das Albumcover von „Der beste Verlierer“ (Ennorm Records) zeigt seine Pudeldame Emma.

Geboren freilich ist Enno Bunger im ostfriesischen Leer. „H.P. Baxxter von Scooter ging auf dieselbe Schule wie ich, wir hatten sogar denselben Musiklehrer.“ Die Wege der beiden kreuzten sich im Club „Uebel & Gefährlich“, wo Bunger vor einigen Jahren seine bisher größte Solo-Show vor 800 Menschen spielten und zwei Monate später dabei war, als Scooter zum 25-jährigen Jubiläum dort das kleinste Konzert ihrer Karriere absolvierten.

Als Kind klimperte er auf dem Klavier Scooter-Melodien nach, sein größtes Idol jedoch ist Bruce Springsteen, insofern ist es kein Versehen, dass „Nie zu spät“ wie eine Hommage an „Born In The USA“ klingt. „Ich war sieben, als ich mich in Springsteens Song „Streets Of Philadelphia“ verliebte. Ich habe es sofort auf dem Klavier nachgespielt und gemerkt, wie sehr mich diese Akkorde umarmen, wie gut sie mir tun. Seither weiß ich, was ich im Leben machen will.“ Als Bar- und Kirchenpianist schlug er sich durch, etablierte sich dann nach und nach durch Mundpropaganda und ganz klassisch die überragende Qualität seiner Lieder.

Bunger singt über Depression und Doppelmoral

Mit seiner 2017er Single „Ponyhof“ und dem 2019 veröffentlichten und von den Krebserkrankungen seiner Partnerin Sarah Muldoon (sie überlebte) und der Frau seines Schlagzeugers (sie überlebte nicht) geprägte Album „Was berührt, das bleibt“, das von Sorge und Trauer durchzogen war, gelang ihm ein gewisser Durchbruch, im Vorprogramm von Johannes Oerding spielte er kurz vor Coronaausbruch vor einem Zehntausender-Publikum. „In herausfordernden Zeiten kommt es vor, dass du erstmal verlierst“, so erklärt Enno Albumtitel und auch ein Stück weit sein Leben an sich. „Aber manche Niederlagen können sich auch in tolle, neue Erfolge wandeln.“

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Aufs große Ganze umgemünzt wolle er zu Hoffnung und einem pragmatischen Antikrisentrotz aufrufen, und mit seiner Musik trägt er einen gewichtigen Teil zur positiven Gemütsbeeinflussung seiner Hörenden bei. „Was ich mache, ist nur Pop. Aber es ist Pop gegen die Ohnmacht. Und Pop, der um die Frage kreist ‚Wie kann ich für mich selbst ein gutes, verantwortungsvolles Leben führen‘. Ennos Antwort: „Ich möchte, dass wir empathisch sind, positive wie negative Gefühle zulassen und uns gegenseitig helfen und beschützen.“

Album: „Der beste Verlierer“ (Ennorm Records)
Konzert: 22.3., 20 Uhr,Große Freiheit 36, 39 Euro

„Yeah! Yeah! Januar!“: Tickets fürs Enno-Bunger-Konzert zu gewinnen

Im Rahmen unseres Gewinnspiels „Yeah! Yeah! Januar!“ verlosen wir auf dem MOPOP-Instagram-Kanal @mopophamburg ab Freitagmittag 2 x 2 Tickets für das Konzert.

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