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Alles glänzt? Feine Sahne Fischfilet sind zurück aus der Unruhe-Pause

Vorne rechts steht Gorkow, hinter ihm die vier weiteren Musiker. Alle tragen schwarze T-Shirts
Feine Sahne Fischfilet haben nach einer längeren Pause mit „Alles glänzt“ eine neue Platte ​​​​​​​am Start.
Foto: Erik Weiss

Der Geruch einer leeren Rostocker Kneipe zur Mittagszeit: Er zeugt vom Rausch vergangener Nächte und verspricht die nächste Party. Am Ende einer solchen Zwischenzeit steht auch die Punkband Feine Sahne Fischfilet. Ein guter Ort also, um sich mit Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow und Drummer Olaf Ney über das neue Album „Alles glänzt“ und ihre längere Auszeit zu unterhalten.

Alles glänzt? „Das ist natürlich eine Persiflage“, sagt Gorkow. Rechtsruck, Krieg in der Ukraine, Corona: „Es glänzt nirgendwo, weder gesamtgesellschaftlich noch persönlich.“ Davon zeugen Songzeilen wie: „Ich frage mich, was noch echt ist. Alles glänzt, dass mir schlecht wird.“ Mit Blick auf den Klang können Feine Sahne Fischfilet einen gewissen Glanz allerdings nicht abstreiten. Chöre, variable Gitarrensounds, bisweilen poppige Leichtigkeit – die zwölf Songs wirken insgesamt aufwendiger produziert als frühere Stücke.

Das Album „Alles glänzt“ gibt’s seit diesem Freitag

„So lange haben wir noch nie Zeit im Studio und mit dem Produzenten verbracht“, erklärt Drummer Ney. „Man konnte sich viel mehr Gedanken über so Kleinigkeiten machen und über den Sound.“ Gorkow sagt: „Wir waren ja sonst immer nur unterwegs. Immer nur Rausch.“

Die Band war lange Zeit vor allem für ihr politisches Engagement bekannt. Sie bezieht Stellung gegen rechts, kritisierte in ihren Texten aber auch deutlich die Polizei. Mehrere Jahre tauchte die Band im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf. Die Musiker bedankten sich damals mit einem Präsentkorb für die Werbung. Zuletzt sorgten aber vor allem anonym im Internet geäußerte Vorwürfe gegen Gorkow für Aufmerksamkeit. Er wurde etwa der sexualisierten Gewalt beschuldigt.

„Monchi“ (r.) und Ney vor einer Kneipe im Rostocker Ortsteil Kröpeliner-Tor-VorstadtFoto: Bernd Wüstneck/dpa
„Monchi“ (r.) und Ney vor einer Kneipe im Rostocker Ortsteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt

In einem langen Interview mit dem „Spiegel“ Ende März hatte Gorkow gesagt: „Es gibt und gab keine Fälle der sexualisierten Gewalt, die von uns ausgingen.“ Der dpa sagt er: „Wenn was ist, mach ich es so, wie ich es immer in meinem Leben gemacht habe: Sach’ was und dann mach’ ich mich gerade. Aber uns wurde noch nicht gesagt, worum es geht.“ Man habe versucht, Kontakt zu denjenigen herzustellen, von denen die Anschuldigungen ausgehen. Nachdem kein Austausch zustande gekommen sei und die Anschuldigungen von dem Account ständig wiederholt worden seien, sei man dagegen vorgegangen.

Gorkow erklärt: „Wenn sich jemand scheiße behandelt fühlt, dann sind wir ansprechbar. Aber wir lassen uns nicht mehr im Internet einfach die ganze Zeit mit Scheiße vollkippen.“ Er habe sich selbst nie als „Feminismus-Experten“ dargestellt. „Natürlich bin ich sexistisch geprägt. Gar keine Frage. Das ist mir auch klar.“ Natürlich könnten Menschen Situationen unterschiedlich wahrnehmen.

„Wenn sich jemand scheiße behandelt fühlt, dann sind wir ansprechbar. Aber wir lassen uns nicht mehr im Internet einfach die ganze Zeit mit Scheiße vollkippen.“

Jan „Monchi“ Gorkow

Ney sagt, der Band sei noch nie einfach „alles scheißegal“ gewesen. „Wir sprechen jeden Tag darüber – über Befindlichkeiten, über so viele Dinge.“ Zurzeit so extrem wie noch nie. Umso mehr schmerzten die Anschuldigungen. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich bin da nur wütend. Ich bin einfach ganz, ganz doll enttäuscht und traurig.“

Nach Aussage Gorkows geht es bei dem Albumtitel auch um die glänzende Selbstdarstellung im Internet. Alle seien auf einmal Klimaaktivisten, totale Feministen, natürlich gegen Nazis und nachhaltig. „Ich find’ gesellschaftlichen Fortschritt bestimmt erstrebenswert, aber ich fühl’s noch nicht. Ich habe eher das Gefühl, die Leute machen ganz viel für Applaus.“

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Der Song „Angst zu erfrieren“ dreht sich um permanente Drohungen von rechts. Gorkow geht davon aus, dass er und die Band auch auf Todeslisten stünden. „Das macht natürlich was mit dir.“ Der Songtext fragt: „Ist es das wert oder nicht?“

Ist die Band während ihrer Pause zahmer geworden? „Wir sind jetzt nicht auf einmal eine Mönchstruppe. Das steht uns auch nicht“, sagt Gorkow. „Aber ich bin nicht mehr 21 und will die ganze Zeit nur Parolen grölen. Wir sind nicht erwachsen, aber erwachsener geworden.“

Album: „Alles glänzt“ (Plattenweg Tonträger/Warner)

Live: 18.8., 17.30 Uhr, Open-Air am Großmarkt, Support: Anti Flag & Maid Of Ace, ab 53 Euro

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