Ben Howard ist ein Künstler. Einer, der seine Songs nicht danach schreibt, was der Spotify-Algorithmus für lohnend hält. Seine Lieder eifern nicht dem großen Drop entgegen. Sein Sound ist ruhige Singer-Songwriter-Musik, die durch Tiefe und Intimität überzeugt – doch das wurde ihm am Samstag im Hamburger Stadtpark zum Verhängnis.
Schüchtern betritt der 36-Jährige die Bühne. Er trägt weiße Sneaker, eine weite schwarze Hose und ein luftiges helles Hemd. Die ersten Songs spielt er kommentarlos, flüstert erst nach dem dritten Lied ein kurzes „Thank you“ ins Mikro, um dann direkt weiterzusingen. Es folgt wohlwollender Applaus, aber die Unruhe in der Menge ist greifbar. Liegt es am angekündigten Gewitter oder daran, dass der zurückhaltende Brite bis dahin ausschließlich unbekannte Lieder gespielt hat?
Howard singt zweifelsohne schön und wenn seine Kopfstimme zum Tragen kommt, entsteht für einen Moment etwas Magisches – bis die melancholische Musik wieder vom nervösen, brabbelnden Publikum übertönt wird. Die Cellistin der Band gibt alles, um die Menge zum Tanzen zu bringen, während die „Bewegungsfreude“ der übrigen Band kaum über die von Kraftwerk hinauskommt.
Ben Howard in Hamburg: Textsicher ist nur der Künstler selbst
Vereinzelt wippen Menschen hin und her, doch niemand scheint hier textsicher zu sein, obwohl viele Stimmen im großen Rund der Openair-Bühne zu hören sind. Bis es dem britischen Musiker reicht. Genervt nuschelt er in sein Mikrofon: „All I hear is talking, talking, talking“ („Alles was ich höre ist reden, reden, reden”).
Nachdem das Publikum nach jedem Lied der Band eher höflich geklatscht hat, wird es das erste Mal richtig laut, als Howard eine Flasche Champagner in Richtung des Tontechnikers durch das Publikum wandern lässt und er diese erfolgreich in Empfang nimmt, um sein 250. Konzert gebührend zu zelebrieren.
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Dann ist es auch schon Zeit für die Zugabe. Als der Sänger schließlich ankündigt, dass auch sein letztes Lied von seinem neuen Album „Is it“ sein wird und nicht etwa von seinem Erfolgsalbum „Every Kingdom“, verlassen die Zuschauer den Rasen in Scharen. Alle hatten so sehr auf ein paar Lieder zum Mitsingen und Tanzen gewartet, aber sie wurden ihnen heute vorenthalten, obwohl Howard sie dem wohlwollenden Publikum problemlos hätte liefern können. Auch der Regen wollte nicht kommen, obwohl er diesem melancholischen Musikabend vielleicht gutgetan hätte.