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Überraschungs-Gig und sehr viel Rock und Roll: So war Tag 1 des Reeperbahn-Festivals

Sängerin mit Mirko in der Hand schaut ins Publikum
Überraschungs-Auftritt im Festival-Village auf dem Heiligengeistfeld: Paula Hartmann
Foto: Sebastian Madej

„Das ist ein Showcase-Festival, das geht hier bämm, bämm, bämm“, ruft Leni Ulrich, Sängerin der österreichischen Band Bipolar Feminin, am Mittwochabend ins Publikum. Recht hat sie. Es gab Jahre, da war der erste Tag des Reeperbahn-Festivals ganz entspannt. In diesem Jahr? Überall was zu entdecken. Volles Programm. Eben bämm, bämm, bämm. Und dann gab’s da ja noch den Überraschungs-Gig von Paula Hartmann. So war Tag 1 des Reeperbahn-Festivals.

Während im Operettenhaus noch Eröffnung gefeiert wird, steigt auf dem Heiligengeistfeld Paula Hartmann einem schwarzen SUV aufs Dach. Überraschung! Der erste Geheim-Act des Festivals (am Donnerstag gibt’s einen zweiten Secret-Act)! Sie sei so aufgeregt, sagt sie, habe auf dem Weg zu diesem Auftritt sogar eine Träne verdrückt. Und man merkt es tatsächlich ein bisschen. Die Fans, von denen eine ganze Menge den Hinweisen in den sozialen Medien gefolgt sind, feiern’s. Sie singt „Veuve“, „Babyblau“, „Kugeln im Lauf“, sagt: „Das fühlt sich an wie mein erster Auftritt, weil ich so Angst habe, einen Schritt zu viel zu machen und zu stürzen.“ Wackelige Angelegenheit da auf dem Autodach. Apropos: „Ich hab was mitgebracht, das ist auch der Grund, warum ich so zittere. Die erste Single vom neuen Album!“ Ein Kreischen geht durch die Menge. Und dann: „Schwarze SUVs“. Ab sofort auf allen Streamingplattformen erhältlich, klar. 

Bipolar Feminin: Kontrastprogramm im Thomas Read

Kontrastprogramm nicht viel später im sehr, sehr vollen Thomas Read: Wer zu spät kommt, sieht zwar nix, kann sich aber von Leni Ulrich, Sängerin von Bipolar Feminin, den Kopf geraderücken lassen. Angenehm kluger Beschwerde-Punkpop aus Österreich, mit Texten wie „Mit euren Bärten seid ihr die Experten für alles. Mit euren Schwänzen überschreitet ihr all meine Grenzen. (…) Ich töte euch alle, ich bring euch alle um. Vielleicht häng ich euch auf. Vielleicht stech ich euch in den Bauch“. Kann man alles sehr gut mitgrölen. Erfrischend. 

Get Jealous: Gute-Laune-Pöbelpunk

Auch sehr fresh – und wenn zwar musikalisch, dann aber thematisch gar nicht so weit weg: Get Jealous. Das deutsch-niederländische Trio tritt im UWE auf. Gute-Laune-Pöbelpunk, „hebt die Hand, wenn ihr schon mal so sehr in jemanden verliebt wart, dass ihr ihn essen wolltet“. Lekker, sagt der Holländer. Es wird gepogt, es gibt eine „Wall of Death“, ein Bad in der Menge (Ottos Mikrofon hat ein seeeehr langes Kabel!), Stagediving – und ein Cover von Tokio Hotels „Durch den Monsun“. Und dann noch „eine gute Nachricht für euch: Am 6. Oktober veröffentlichen wir unser allererstes Album“. Wer’s verpasst hat: Get Jealous spielen noch einmal am Freitag in der Molotow-Skybar (20.20 Uhr). 

Bibiza: HipHop mit Hemd und Krawatte

Bibiza ist mit Rockband da, und auch sonst lässt sich das Schaffen des österreichischen Rappers nicht mehr so recht unter HipHop fassen. Im sorgfältig derangierten Hemd-und-Krawatte-Look sieht er spätestens nach drei Songs aus wie ein Achtziger-Jahre-Roy Black, den man frisch aus dem Wörthersee gezogen hat, singt Songs über Rauschgift und reimt Separée auf Tanzcafé. Vom Schmähfaktor ist das näher an Drangsal als an Falco, auch wenn die Wiener Poplegende aus dem Himmel einen gütigen Blick auf den Burschen zu werfen scheint. Bei Tracks wie „Blau“ oder „Alkoholiker“ bebt das Gruenspan, nicht nur aus Vorfreude auf das ausverkaufte Konzert im Mojo am 13. Oktober.

Maxi Haug mit GitarreFoto: Sebastian Madej
Shitney Beers am Mittwochabend im Headcrash

English Teacher: Show mit Videodreh

Die Schlange vor Molotow ist gewohnt lang, und das schon mittwochs zu gar nicht so fortgeschrittener Stunde. Im Club spielen English Teacher, vier junge Leute aus Leeds, die wortlastige, hibbelige Rockmusik spielen. Sängerin Lily Fontaine filmt erst mal die ersten Reihen für ein künftiges Musikvideo, dann geht’s leise los und lärmig weiter. Songs wie das spektakuläre „A55“ lassen aufhorchen, wenn der britische Radiosender 6 Music sie im Nachmittagsprogramm spielt, im Molotow will der Funke nicht so ganz überspringen. Die Nerven, vielleicht.

Shitney Beers: Zaubertricks im Headcrash

Shitney Beers im Headcrash zieht die Leute schon so früh an, da ist der Soundcheck noch nicht durch. Macht gar nix, kurz mal keine Songs in den Ohren zu haben, kann an diesem extrem dicht gepackten ersten Festivaltag auch mal ganz gut sein. Maxi Haug ist sich nicht ganz so sicher: „Es ist megaweird Soundcheck zu machen, wenn da so viele Leute sind. Aber auch toll, dass so viele Menschen gekommen sind.“ Es folgt ein „Zaubertrick“ („wir gehen jetzt von der Bühne und sind dann gleich wieder da“) – und dann 50 Minuten toller Singer/Songwriter-College-Rock.

Deadletter: Schwitziger Abschluss in der Skybar

Und zum Schluss wird’s sehr, sehr feucht im Molotow. In der Skybar beenden Deadletter den Abend. „Art-Rock trifft Dance-Punk“, wird über sie geschrieben, das haut hin. Und die Songs direkt rein. Postrock der besten Art. Schnell fallen die ersten Klamotten (auf der Bühne, es ist wirklich sehr warm), Schweiß rinnt, Frontmann Zac Lawrence geht immer wieder ins Publikum, tanzt und pogt mit den ersten Reihen. Mitternacht. Wer jetzt noch kann, wartet auf Geese unten im Club. Wer nicht mehr kann, geht nach Hause. Und alle dazwischen treffen sich im Molotow-Backyard. Ausdampfen. Ein sehr guter erster Tag. (nr/mw)

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