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„Ich hab’ darauf einfach viel zu viel Bock!“: König Boris über sein Soloalbum, das Ende von Fettes Brot und Ohrenbluten

Er sitzt im Grünen
Feiert den Releasevon „DisneylandAfter Dark“ miteinem Konzert im Uebel & Gefährlich: König Boris (49)
Foto: Katja Ruge

Im vergangenen Jahr verabschiedete sich mit Fettes Brot eine echte HipHop-Institution. Jetzt meldet sich König Boris mit seinem überaus kurzweiligen Soloalbum „Disneyland After Dark“ zurück. Die MOPO sprach mit ihm über das Ende und den Neuanfang, den magischen Ort „unten an der Ecke“ und die Sache mit dem runden Geburtstag.

MOPO: Für die lange Geschichte der MOPO ist diese Ausgabe ja eine überaus bedeutsame. Wie wichtig ist Ihnen das Feedback der Presse? Lesen Sie regelmäßig Kritiken?
König Boris: Ich lese schon einiges, aber ich versuche, mir nicht alles reinzuziehen, auch was Social Media angeht. Da können 100 coole Kommentare stehen und ein ätzender. Über genau den denke ich den Rest des Tages nach.

Warum bloß?
Das macht keinen Sinn, ich weiß. Ich funktioniere nun mal so. Ich habe jedenfalls daraus gelernt, dass es besser ist, etwas Abstand zu halten.

Erinnern Sie sich an eine bestimmte Zeile aus einer Review?
Zu einer unserer ersten EPs schrieb die „taz“ etwas von Ohrenbluten. Das war ziemlich gemein, aber eben auch lustig. Damit lässt sich arbeiten, einem gut geschriebenen Verriss kann ich immer was abgewinnen. Ich mag es nur nicht, wenn es foul wird. Aber ich habe ja auch schon viel erlebt, von daher bin ich einigermaßen entspannt.

Buntes Cover, ein Junge geht mit einem Hund Gassi, im Hintergrund Polizei, Häuser und ein HubschrauberFoto: Buback Tonträger/Indigo
„Disneyland After Dark“, das neue Album von König Boris, erscheint am 26. April.

„Viel erlebt“ ist ein gutes Stichwort. Wie erinnern Sie sich an den 3. September 2023?
Der Tag nach den Abschiedshows mit Fettes Brot auf der Bahrenfelder Trabrennbahn? Oh, da war ich schon ein wenig zerknittert. Wir hatten ja eine riesige Aftershow-Party, da kam plötzlich jemand zu mir und fragte, ob ich Lust hätte, Autoscooter zu fahren. Wir sind dann mit ein paar Leuten in ein kleines Waldstück gegangen und da war plötzlich ein richtiger kleiner Rummelplatz mit Kettenkarussellen, Schießbude, allem Drum und Dran, das war der Hammer. Morgens um halb fünf bin ich mit meiner Frau in den 3er-Bus gestiegen und nach Hause gefahren. Am nächsten Tag haben wir noch Danger Dan in der Roten Flora gesehen, das ganze Wochenende war echt eine intensive Erfahrung.

Wie weit waren Sie zu diesem Zeitpunkt mit Ihrem Soloalbum „Disneyland After Dark“?
Da stand schon einiges. Ich habe mit dem Schreiben zu Corona-Zeiten angefangen. Ich bin sehr viel durch die Stadt spaziert und habe sie plötzlich mit ganz anderen Augen gesehen. Man konnte ja nichts machen, alles war menschenleer  wie eine verlassene Filmkulisse. Da entstand die Zeile vom „Disneyland After Dark“.

Am 3. September 2023 gaben Fettes Brot ihr letztes Konzert

Die Stadt als thematische Klammer, vieles davon mit so einem melancholischen Unterton. Man könnte fast von einem Konzeptalbum sprechen.
Es ist eine Geschichte über die tollen und die schrecklichen Seiten der Stadt. Das Zuhause ist kein idealisierter Ort, das Schöne gehört genauso dazu wie die ganze Scheiße. Diese Reibung ist es, die eine Großstadt ausmacht. Die Stadt als solches ist einfach ein Kosmos, zu dem mir ganz viel einfällt.

Gab es im Zuge des Abschieds von Fettes Brot auch mal den Gedanken, in eine ganz andere Richtung zu arbeiten?
Das Schöne ist, dass ich mich nicht für das eine oder das andere entscheiden muss. Ich kann ja alles machen. Ich habe auch Ideen für Bücher, ein paar Seiten sind schon geschrieben. Wenn ich irgendwann den Mut und die Muße habe, mich da ranzusetzen, kann das auch passieren. Ich bin aber von Musik immer noch so fasziniert, das ist ein so großer Bestandteil meines Lebens, dass ich darauf einfach viel zu großen Bock habe.

Das erste Soloalbum von König Boris hieß „Der König tanzt“

Vom Trio zum Alleingang – wie fühlt sich das an?
Mit „Der König tanzt“ habe ich das vor zehn Jahren ja schon mal durchexerziert, von daher wusste ich, was auf mich zukommt und vor allem was ich anders machen wollte. Damals war es ein tierischer Kampf für mich, emotional total herausfordernd. Dieses Mal wollte ich den ganzen Schaffensprozess viel mehr genießen und Spaß dabei haben.

Ist Ihnen das gelungen?
Absolut, es hat richtig Bock gebracht, diese Platte zu machen!

Noch mal zum Unterschied zwischen Teamwork und Soloritt. Was sind die Vor- und Nachteile?
Das Schöne ist, man kann alles allein entscheiden. Das Schreckliche ist, man muss alles allein entscheiden. Wenn du keine Idee hast, dann ist da auch keine Idee. Da kommt keiner und sagt: Hey, wie findest du das hier?

Ganz allein waren Sie aber nicht.
Genau, ich habe wieder mit Arne Diedrichson zusammengearbeitet, unserem Bassisten. Der macht ja selbst auch Musik und ist viel unterwegs. Was den Stil angeht, war der UK-Sound der 90er meine Richtung, viele kennen das ja gar nicht mehr, für die ist das ganz neu. Aber ich bin da nicht so dogmatisch, ich lasse auch moderne Sachen zu.

Im Sommer feiert der Sänger runden Geburtstag

Um mal einen Song herauszupicken: „Unten an der Ecke“ ist aus dem Stand ein Klassiker.
Das kennt halt jeder, oder? Oftmals muss es ja nicht mal wirklich eine Ecke sein, aber dazu hat man sofort Bilder im Kopf …

… der Kiosk mit der Naschkram-Batterie im Fenster.
Siehste, genau so funktioniert’s.

Sie feiern im Sommer einen runden Geburtstag, wie blicken Sie dem entgegen?
Mit gemischten Gefühlen, aber am Ende sind es nur Zahlen. Es macht keinen Sinn, sich damit lange aufzuhalten. Ich kann es nicht ändern, es ist, wie es ist. Es geht eh nur darum, ob ich mich gut fühle oder nicht. Und was das angeht, ist alles total okay.

Album: „Disneyland After Dark“ erscheint am 26.4. via Buback Tonträger/Indigo

Konzert: 26.4., 21 Uhr, Uebel &Gefährlich, 33,70 Euro

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