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Lange Schlangen, kurzer Spaß: So war Tag 3 des Reeperbahn-Festivals


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Göttlich: die Crucchi Gang am Freitagabend im Michel. Foto: LucioVignolo

Freud und Leid liegen manchmal nah beieinander. Das Festival lockte auch am Freitag mit einem fantastischen Programm, große Namen und Premieren inklusive: die Crucchi Gang um Sven Regener (Element Of Crime) und Francesco Wilkening (Die Höchste Eisenbahn) im Michel, Ätna mit der NDR-Bigband in der Elbphilharmonie, Jupiter Jones auf der Arte-Bühne. Und auch die Clubs waren voll – was bei vielen Besuchern erneut für Frust sorgte.

Mojo, Molotow, Indra: Vor den Clubs stehen sich die Menschen oft mehr als eine Stunde vor Konzertbeginn die Beine in den Bauch. Und auch vor den Außenbühnen gibt’s teilweise lange Schlangen. Die Pandemiebedingungen machen das diesjährige Festival zum Geduldsspiel. Das Problem: In die Venues dürfen nur wenige Menschen – 40 sind’s beispielsweise im Thomas Read, 48 im bestuhlten Nochtspeicher. Vor der Tür aber warten zum Teil 100 Menschen und mehr.

Auf Instagram machten einige von ihnen ihrem Ärger Luft: „Hatte mich auf viele Konzerte gefreut, aber wir sind nur am Anstehen“, schreibt einer. „Was nützt es, wenn man nach vier Stunden entnervt aufgibt, weil man fünf Mal angestanden hat und nirgends rein kam“, ein anderer.

Genervte Besucher machen auf Instagram ihrem Ärger Luft

Auch wir haben in einigen Fällen aufgegeben – und sind am Ende vor allem bei Open-Air-Konzerten gelandet. Wie dem von Betterov zum Beispiel, der zwar nur drei Songs vorm N-JOY Reeperbus spielte, dabei aber richtig begeisterte. Songs wie die absurde Selbstmordfantasie „Dussmann“, in der aus der vierten Etage des Berliner Kulturkaufhauses springt, kommen auch ohne kratzenden Postpunk-Bass aus, der Mann saß am Elektroklavier und schickte seine sonore Stimme allen Anwesenden in Mark und Bein. Dann freute er sich noch, dass so viele gekommen sind, trotz des Wetters (es ist: bewölkt), die Berliner seien da empfindlicher. Na.

Annie Taylor aus der Schweiz auf der Spielbude XL. Foto: MW

Auch vor der Spielbude XL sind wir hängengeblieben – bei Annie Taylor. Die Namensgeberin der Schweizer Band hat sich 1901 in einem Fass die Niagarafälle heruntergestürzt, was zugegebenermaßen eine ziemlich doofe Idee ist. Immer noch mutig, aber nicht ganz so lebensgefährlich: eine Band gründen. Annie Taylor erinnern erst einmal an die britische Rocksensation Wolf Alice, und klar ist das oberflächlich: Blonde Frau macht mit drei Typen laute Musik. Tatsächlich war Sängerin und Gitarristin Gini Jungi nach einem Konzert ebenjener Band so inspiriert, dass sie sich Mitstreiter gesucht hat, um auch sowas zu machen. Klappt gut, hat die schönste Huldigung an Satan seit „Sympathy For The Devil“ der Stones (eine Art Selbstermächtigungshymne, zu tun was man will – und dann gar nicht mehr so irritierenderweise ihrem Papa gewidmet) und machte allen Beteiligten Spaß. Die echte Annie Taylor hat’s überlebt, und die hier schwimmen auch obenauf.


Zum Abschluss des Abends ging’s dann ins Imperial-Theater. „Take Back The Radio“ heißt einer der Songs von Katy J. Pearson, die in einer besseren Welt aus jedem Empfangsgerät plärren würden. Die Britin schreibt wunderbar eingängige Indiepop-Songs, für die der (an sich schöne) Polsterplüsch im Imperial-Theater irgendwie beengend wirkte – dazu hätte man sich schon gerne ein bisschen mehr bewegen wollen. Die Krimikulisse im Hintergrund schaffte eine wohlige Atmosphäre, aber der Fall war eh klar: Die Frau ist der Killer!

 

Zur Transparenz: Wir MOPOP-Reporter haben Pressetickets und können die sogenannte Delegates-Lane nutzen, die zwar keinen Einlass garantiert, bei der aber längst nicht so viele Menschen in der Schlange stehen. Diese Chance nutzen wir bei Sharktank am Mittwoch im Indra, bei PVA am Donnerstag im Nochtspeicher und bei Katy J. Pearson am Freitag im Imperial-Theater.

 

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