Okay, okay, die Überschrift ist geflunkert: Steil geht beim diesjährigen Reeperbahn-Festival niemand, da hat uns Corona leider ’nen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber die Musik spielt von heute an natürlich trotzdem rund um den Kiez – Pandemie-gerecht mit Abstand und ohne Tanzen. HipHop, Indie, Punk und mehr: Das sind unsere Tipps für die kommenden Tage. Oh, und: Viele Konzerte gibt’s auch im Stream – dazu morgen mehr.
Nadine Rinke (43), Kultur-Redakteurin
Diese Pandemie-Edition des Festivals will auch von den Besuchern gut organisiert sein – Entdeckungen gibt’s in diesem Jahr schließlich nicht im Vorbeigehen. Spontaneität? Hoffentlich 2021 wieder. Und so nutze ich Chance und sehe mir an, wen ich noch nicht live gesehen habe. Geplant, pünktlich und distanziert. Sofia Portanet (heute, 22.30, Imperial; Do, 21.30 Uhr, Operettenhaus) zum Beispiel, diese Berliner Pop- und New-Wave-Sängerin, die überall so für ihren irgendwie in der Zeit hängengebliebenen Sound gefeiert wird. Oder BLVTH (heute, 18.45 Uhr, Spielbude XL; morgen 22.30 Uhr, Knust), der von Casper bis Felix Kummer alles wegproduziert hat.
Auf jeden ein guter Start in die vier Tage: Akua Naru singt heute Nachmittag im Festival-Village. Foto: Katja Ruge Sofia Portanet tritt an zwei Abenden auf – mit New Wave und Pop. Foto: Christoph Voy BLVTH (sprich: Blut, nicht „Blfft“) ist heute auf der Spielbude und morgen im Knust.
Freitag dann genau das Gegenteil, da möchte ich sehr gerne Niels Frevert hören, obwohl ich ihn schon so oft irgendwo gesehen habe, von der kleinsten Kneipe bis zum großen Club. Neulich, glaub ich, sogar mal beim Joggen. Aber eben noch nie im Michel (22 Uhr; Samstag im Festival-Village, 17.30 Uhr). Ich würde mir auch Drangsal anhören (21.45 Uhr, Spielbude XL), aber da stehe ich ja schon seit einiger Zeit brav und stur in der Schlange vor der Kirche und warte auf den Start des Konzerts.
Samstag gibt’s dann noch Postpunk von Erregung Öffentlicher Erregung (19.30 Uhr, Knust). Da schließt sich vielleicht auch ein bisschen der Kreis zum Anfang, denn die Band klingt nach den 80ern, nach Ideal – der Gesang! der Gesang! – und nach der Ruppigkeit von Messer.
Klingen ruppig und wie aus den 80ern: Erregung Öffentlicher Erregung. Foto: Rosanna Graf Wahl-Berlinerin Douniah spielt heute Abend im Bahnhof Pauli.
Frederike Arns (34), Redakteurin MOPOP.de
Ich starte heute mit Akua Naru (17.30 Uhr auf der Festival-Village-Stage). Sie macht großartigen HipHop mit ganz viel Soul. Seitdem ich 2011 den Track „The World Is Listening“ zum ersten Mal hörte, ist sie für mich Female-Empowerment-Heldin. Nur Männer können rappen? Unfassbarer Quatsch! Deswegen mache ich auch mit einer Frau weiter: Douniah spielt heute Abend um 22.30 Uhr im Bahnhof Pauli. Auch sie hat ihre Wurzeln im HipHop, was man an den herrlich jazzigen Beats hört, die sie verwendet. Und ihr souliger R’n’B-Gesang obendrauf: Zucker!
Donnerstag habe ich große Lust auf die Wahl-Hamburgerin Ilgen-Nur und ihren Lo-Fi-Indierock. Für ihren Gig um 22 Uhr im Molotow-Backyard muss man bestimmt einiges an Wartezeit einplanen, weil viele sie sehen wollen. Falls es nicht klappt, hat man Freitag um 22.30 Uhr aber eine weitere Chance in der St. Pauli-Kirche.
Ilgen-Nur spielt zweimal – im Molotow Backyard und der St. Pauli Kirche. Foto: Constantin Timm Bei Pöbel MC wird eskaliert – ach nee, darf man ja nicht! Foto: David Henselder
Freitag will ich mir gerne den Rostocker Rapper Pöbel MC ansehen (18.30 Uhr, Spielbude XL). Ob sein „Kommando Pöbel & Dance“ auch Pandemie-gerecht funktioniert, wird spannend. Eskalieren ist in diesem Jahr ja verboten …
Für den Festival-Samstag ende ich mit meinen Tipps da, wo ich auch angefangen habe: bei einer starken Rapperin. Haszcara aus Berlin ist ein „Audiolith“-Gewächs, dessen Song „Lauter Rapper“ eine richtige Female-MC-Hymne ist.
Hier die Playlist zum Reeperbahn-Festival 2020:
Hier gibt’s noch Tagestickets für alle Tage des Festivals (45-65 Euro).