„Wir wissen nicht, wie es weitergeht“ – diese Worte prangen an der Fassade des Logos, dem legendären Rock’n’Roll-Club an der Grindelallee. Seit Corona ist und bleibt alles anders. Nicht nur das Logo, sondern die komplette Veranstaltungs- und Konzertbranche weiß seit Monaten nicht mehr, wie es weitergehen soll. Logo-Chef Eberhard Gugel (64) schildert für MOPOP seine Lage und Redakteurin Frederike Arns (in kursiver Schrift) erinnert sich an ihre herrlichen Zeiten in seinem Club.
Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Ich bin immer mein eigener Herr gewesen und plötzlich wird mein Geschäftsleben komplett von Corona regiert. Ich bin ein sparsamer, schwäbischer Kaufmann – deswegen ging es dem Club gut, als Corona kam. Das ist wohl der Grund, weswegen wir bis dato nur die „IFB“-Förderung von 20.000 Euro erhalten haben. Das ist wie, wenn man Sozialhilfe beantragt und noch was gespart hat: Da bekommt man auch erstmal nix. Weitere Förderanträge laufen zwar, aber wir haben noch keinen Bescheid. Im Moment gibt‘s 14 verschiedene Förderprogramme von Land und Bund, für die wir in Frage kämen. Da ist natürlich nichts von einer Stelle koordiniert. Ein wahnsinniges, bürokratisches Durcheinander. Für unseren Antrag beim Bund können wir nicht vor Oktober, November mit einer Antwort rechnen. Das Geld vom Land ist dann frühestens im Dezember da. Aber ob es das Logo dann überhaupt noch gibt? Wir haben 15.000 Euro Fixkosten im Monat, das sind mittlerweile 90.000 Euro Miese.
„Ich bin immer mein eigener Herr gewesen und plötzlich wird mein Geschäftsleben komplett von Corona regiert.“
Logo-Chef Eberhard Gugel (64) über die Pandemie
Das Logo gehört zu meinen Lieblingsclubs in Hamburg. Ich habe dort unvergessliche Abende mit Bands wie Youth Of Today, H20, Soulfly, den Mad Caddies oder Melvins erlebt. Immer tropft es von der Decke, meine Brille beschlägt, ich habe meinen eigenen Schweiß und auch den der Menschen um mich herum am Körper.

Die sieben festen Mitarbeiter sind alle in 100 Prozent Kurzarbeit. Die restlichen 19 Leute – Aushilfen und freie Mitarbeiter, die Licht und Ton machen – haben Pech gehabt und kriegen gar keine Kohle. Dass wir Soli-Shirts und -Masken verkauft haben, war letztlich nur Selbstbeschäftigung. Natürlich finde ich es total süß, dass so viele Leute Shirts bestellt haben und damit jetzt in Hamburg herumlaufen. Aber die Shirts, die wir in einem Monat verkaufen, bringen uns so viel Geld ein, wie wir normalerweise an einem einzigen Abend an der Bar verdienen.
Das Logo verdient sein Geld mit dem Bierverkauf an der Bar
Dieser Balken mitten auf der Bühne! Wie viele Frontmänner sich daran wohl stoßen? Ohne Bühnengraben Hardcore-Shows aus nächster Nähe erleben, die Faust in die Luft recken, von der Bühne springen und auf Händen getragen werden. Diese Energie, wenn Band und Publikum eins werden. Sowas erlebt man ständig im Logo.
Von dem Geld, das wir an der Tür durch Tickets einnehmen, können wir höchstens Band, Agentur, Techniker, Catering und Busabsperrung zahlen. Schon meinen eigenen Booker bezahle ich vom Bier. Wir müssen ordentlich Alkohol verkaufen, davon lebt der Club!
Blessuren und blaue Flecke trägt man davon. Auch ein Kater ist sicher – von viel zu viel Bier und stickiger Luft. Aber wenn man dampfend in der klaren Nacht nach Hause geht, spürt man die Glückseligkeit, die einem das Logo wieder verschafft hat. Und dieses Glücksgefühl hält mindestens noch den ganzen nächsten Tag an – dadurch wird sogar der Kater erträglich.
1994, als ich den Club übernommen habe, habe ich Stühle und Tische rausgeschmissen. Das war kein Rock’n’Roll! Selbst wenn wir wieder Stühle reinstellen würden, wäre der Club mit 50 Menschen voll besetzt. Das wäre in normalen Zeiten die Zahl, bei der ich sagen würde: Autsch, das tut weh! Wir schaffen es, unsere Kosten mit 50 Prozent Publikums-Auslastung – also 200 Leuten – zu decken. Aber 50 Leute? Dafür brauchen wir den Club nicht aufmachen. Es wird so viel Geld in Opern, Theater und die Elbphilharmonie gesteckt – dagegen sind unsere 180.000 Euro Fixkosten im Jahr Kleingeld. Wenn diese Kosten von Förderungen gedeckt werden würden, dann könnten wir das aussitzen bis es den Impfstoff gibt. Aber wir wissen nicht, ob die Förderungen rechtzeitig oder überhaupt bei uns ankommen. Für Oktober habe ich eine Deadline gesetzt. Wenn ich bis dahin nichts weiß, dann war’s das mit dem Logo.
Für 50 Leute braucht Eberhard Gugel das Logo nicht öffnen
Das geht nicht! Das Logo gibt’s seit 1974. Eine Konzert-Institution. In normalen Zeiten ist der Club an 250 Tagen geöffnet. Im Schnitt spielen pro Abend drei Bands. Das bedeutet: 750 Mal Glückseligkeit! Darauf können wir und kann die Stadt Hamburg auf keinen Fall verzichten. Mit dem Logo muss es weitergehen – und all den anderen Clubs natürlich auch.
Diese Hilfen gibt es für Hamburger Clubs:
Am 7. April hat die Behörde für Kultur und Medien (BKM) einen ersten Corona-Schutzschirm von 1,5 Millionen Euro speziell für die Clubszene zur Verfügung gestellt. Bisher haben 38 Clubs aus diesem Topf Unterstützung erhalten. Am 17. August wurden weitere 1,5 Millionen – diesmal für Open-Airs – bereitgestellt. Insgesamt wurden davon bisher sieben Veranstaltungsreihen gefördert, mit dabei sind zum Beispiel die Konzerte des Knusts auf dem Lattenplatz, das Schrødingers im Schanzenpark oder das „Cruise Inn“ in Steinwerder. Alle Hilfen stimmt die BKM in enger Absprache mit der Clubstiftung ab. Eine Liste zu vielen Fördermöglichkeiten und ihren Antragsformularen hat das Clubkombinat hier zusammengestellt.
