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Das ist Farhots Musik-Kosmos!


Foto:
Farhad Samadzada (39 alias Farhot hat sein Studio in Hamburg am Lattenplatz. Foto: Florian Quandt.

Der Hamburger Produzent Farhad Samadzada (39) alias Farhot ist ein echtes Phänomen. Er hat für die komplette Deutschrap-Garde Beats gemacht, arbeitete aber auch mit Soul- und internationalen Künstlern zusammen. In seinen musikalischen Nebenprojekten Fuchy und Die Achse tobt er sich experimentell aus – und auf seinem eigenen Label „Kabul Fire“ gibt er aufstrebenden Künstlern die Chance, ihre Musik nach vorne zu bringen. Bei seinem Label hat er zuletzt auch sein zweites Soloalbum „Kabul Fire Vol. 2“ veröffentlicht, mit dem er durch Film- und Musik-Zitate in sein Geburtsland Afghanistan zurückkehrt. MOPOP sprach mit Farhot über seinen kompletten Musik-Kosmos. Erstaunlich ist, wie bescheiden er bei all seinem Schaffen doch geblieben ist.

Das Album:

„Kabul Fire Vol. 2“ ist bei Farhot eigenem Label erschienen. 

 

Auf seinem aktuellen Album „Kabul Fire Vol. 2“ nimmt Farhot den Hörer mit auf eine Reise in sein Geburtsland – er verließ Afghanistan mit seinen Eltern als Baby. „Für die Songs habe ich Fetzen aus Filmen und Musik von dort verwendet“, erzählt er im MOPO-Interview. „Was anderes blieb mir nicht übrig, weil ich nur die afghanische Sprache Dari spreche und Arabisch nicht lesen oder schreiben kann. In diesen Inspirationsquellen habe ich einige Schätze entdeckt. Durch all das habe ich selbst auch neue Perspektiven bekommen und Dinge aufgefrischt.“

Im ersten Song des Albums „Bale Bale“ (bedeutet eigentlich „ja“, kann aber auch eine Begrüßung sein) verwendet Farhot etwa ein Vocal-Sample aus Siddiq Barmaks Film „Opium War“ (2008). In der Eröffnungsszene ruft ein Straßenjunge diese Worte. „Der Film war für mich ein echter Inspirations-Schocker. In Afghanistan ist natürlich viel Kunst zerstört worden – vieles kann dort auch nicht neu entstehen  bzw. nur mit sehr limitierten Mitteln“, erzählt Farhot. Zusammen mit dem Klavier-Thema, das er mehrfach auf dem Album verwendet, ist der Song ein dramatisch treibender und gleichzeitig sehr schöner Albumauftakt.

Im Song „Kalun“ verwendet Farhot einen Schnipsel aus Roya Sadats Film „Three Dots (2003): In einer herzzerreißenden Szene bettelt eine Frau um Essen. „Für ihr Kind singt sie: ‚Werde groß und dir möge es nie an etwas fehlen“, erklärt Farhot. „Da ich selbst während der Albumproduktion werdender Vater war – jetzt ist mein Kind geboren –, hat mich das doppelt berührt.“

In „Yak Sher“ („Ein Gedicht“) zitiert Farhot den afghanischen Militärkommandeur und Freiheitskämpfer Ahmad Schah Massoud: „Von der einen Hälfte der Afghanen wird er als Held gefeiert – obwohl er natürlich auch Menschenleben auf dem Gewissen hat. Mir wurde immer erzählt, dass er einer von den Guten ist“, sagt Farhot. Das Gedicht trägt Massoud in einem YouTube-Video vor, das Farhot irgendwann entdeckt hat: „Dass so eine politische, kriegerische Figur auch einfach dieses schöne Gedicht vortragen kann und man mal kurz nur den Menschen sieht – egal, was an ihm haftet –, hat mich fasziniert“, sagt Farhot. Und den „afghanischen Elvis“ Ahmad Zahir zitiert Farhot in „Ahange Qadimi“ auch – „Es wurde Zeit, dass ich ihn auch mal bei mir einbaue“, findet er.

Obwohl das Album voller Zitate ist, ist „Kabul Fire Vol. 2“ aus Farhots Sicht sein bisher persönlichstes Werk: „Da steckt wirklich viel von mir drin, obwohl ich nur Keyboards gedaddelt und Musik zusammengeschoben habe“, sagt der bescheidene Typ. Mit dem Album gelingt ihm noch mehr: Musik, die weder in Hamburg  noch in Kabul, sondern in der ganzen Welt zu Hause ist – aber genau das ist auch Farhots Sichtweise: „Ich bin überall zu Hause und gehöre nicht nur an einen Ort.“

Das Label:

Die Hamburger Künstlerin ist Teil von „Kabul Fire Records“. Foto: Florian Thoss

 

Wie seine Soloalben heißt auch sein Label „Kabul Fire Records“. 2017 hat Farhot es beim Finanzamt angemeldet, um mit seinem sehr experimentellen Alter Ego Fuchy (siehe auch „Die Projekte“) ungefiltert Musik herausbringen zu können. Mittlerweile steckt hinter „Kabul Fire“ ein ganzes Team, das vorhat, 2021 ganz viel neue Musik zu pushen: „Wir fokussieren uns auf Produzentenmusik“, erklärt Farhot. Der finanzielle Aspekt ist erst mal nicht so wichtig. „Bei uns sind Künstler, bei denen ich denke: Denen sollte eine Chance gegeben werden, ohne dass ihnen reingequatscht wird.“

Der aufstrebende  junge Hamburger Produzent AgaJon gehört genauso zum Label wie die Hamburger Tausendsassa-Elektro-Künstlerin Kuoko (Foto o.), die alles selber macht: Produzieren, schreiben, singen, performen – sie designt sogar ihre Kleider selbst und dreht ihre eigenen Videos.

Das Label-Logo gibt‘s jetzt auch als echten Teppich.

 

Hinter dem Teppich-Logo des Labels steckt übrigens auch eine starke Geschichte: Erst existierte es nur als Bild – für „Kabul Fire Vol. 2“ ließ Farhot bzw. sein Vater einige Teppiche mit dem Logo extra anfertigen: „Mein Vater ist seit über 30 Jahren Teppichhändler in Hamburg. Für die echten Label-Teppiche ist der Sohn einfach zum Papa gegangen und hat sich was gewünscht – und der hat sich dann gekümmert“, erzählt Farhot.

Der Produzent:

Farhot hat Nnekas Karriere durch seine Musik mitgeprägt. Foto: Hugues Lawson

 

Um Farhot in eine Schublade zu stecken, wird oft erwähnt, dass er für den Beat von Haftbefehls HipHop-Klassiker „Chabos wissen, wer der Babo ist“ (2013) verantwortlich ist. Aber natürlich hat er noch bei vielen anderen Künstlern seine Finger im Spiel: In der Soul- und Reggae-Sparte hat er etwa für Nneka, Patrice, Selah Sue oder Max Herre gearbeitet. Auch für Beats von Deutschrappern wie Azad, Megaloh, Chefket oder den Fantastischen Vier ist er verantwortlich. Aber auch mit internationalen Künstlern wie Talib Kweli, Isaiah Rashad oder den britischen HipHop-Künstlern Ms. Dynamite, Kano und Giggs hat er zusammengearbeitet.

Die Projekte:

Fuchy ist Farhots verrücktes Comic-Alter-Ego. Bild: YouTube

 

Farhot veröffentlicht unter zwei weiteren Namen Musik. Sein Comic-Alter-Ego Fuchy (Bild l u.) veröffentlicht sehr experimentelle, verspielte, meist vom R’n’B angehauchte Musik.

Als Die Achse bildet Farhot zusammen mit dem Kölner Produzenten Bazzazian ein weitaus aggressiveres, düsteres Duo. Ihre Musik ist voll von Grime, Trap und verrücktem Boombap. Sie machten mit Rapperin Haiyti schon die „Jango“-EP oder arbeiteten mit dem Wu-Tang-Clan-Mitglied Ghostface Killah zusammen. „Farhot bin halt nur ich –  der langweilige Typ, der oldschoolige Musik macht“, erzählt er schmunzelnd. „Diese Projekte sind meine Wege, ungefiltert Musik herauszubringen. Ob es läuft oder nicht, ist dabei total egal.“

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