Lange haben vor allem Frankreich und Belgien auf sein Comeback hingefiebert. Nun haben sie ihren Pop-Maestro zurück: Neun Jahre nach seiner letzten Albumveröffentlichung erscheint Stromaes dritter Longplayer „Multitude“. Er nimmt Fans mit auf eine so bewegende wie unterhaltsame Reise durch Geschichten und Gefühlswelten aus allen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft.
Der belgische HipHop-Star reiht auf dem Album die Erlebnisse verschiedenster Menschen aneinander, spielt mit Dialogen und setzt auch die Lieder ins Gespräch miteinander. So wiederholen sich etwa Textzeilen in „Mauvaise journée“ und „Bonne journée“, die von den Aufs und Abs des Alltags erzählen und zeigen, wie die gleiche Situation uns je nach Stimmung mal runterziehen und mal begeistern kann – ein Tag im Lockdown etwa.
Stromaes Lieder kommen mal fröhlich, mal ernst, mal ironisch, aber nie banal daher. Sie alle haben etwas zu sagen, ob er von Beziehungen, gesellschaftlichem Wandel, der zu lange braucht, oder Träumen erzählt.
So führt Stromae in „Mon Amour“ einen Partner vor, der lauter leere Versprechen macht. Immer wieder singt er: „Meine Liebe, du weißt, es gibt nur dich“, um am Ende – sitzen gelassen – die ihn wohl eigentlich umtreibende Frage zu stellen: „Sag mir, was gibt es mehr als mich?“ In „Riez“ lässt Stromae Menschen ihre Träume auflisten: eine Karriere, ein großes Haus, Frau und Kinder – und kontrastiert dies mit der Erzählung eines Menschen, der nicht träumen kann, weil ihm Nahrung, Papiere und ein Dach über dem Kopf fehlen.
Stromae macht tanzbare Musik, die persönliche und gesellschaftliche Probleme thematisiert
Zwischenmenschliche und gesellschaftliche Probleme ansprechen und dabei bewegende, tanzbare Musik kreieren – mit „Multitude“ führt Stromae seinen Stil fort. Musikalisch lässt er sich dabei auch von Klängen aus anderen Ländern und Kulturkreisen inspirieren, flicht etwa ein Charango aus den südamerikanischen Anden oder eine chinesische Laute in seine Titel ein. Seine erste Single des Albums, „Santé“, vermischt Elektro mit Cumbia.
Das Album kommt nach einer langen musikalischen Pause. 2015 hatte sich der 1985 in der Brüsseler Hauptstadt-Region als Paul Van Haver geborene, vielfach preisgekrönte Künstler aus der Musikwelt zurückgezogen – nach etwa 200 Konzerten in zwei Jahren. Er musste all das Gewicht, das der Erfolg mit sich brachte, von seinen Schultern schütteln, musste sich wiederfinden, sagte er später in einem Interview dem Sender France 2. „Selbst wenn man Träume verkauft, bleibt es ein Beruf. Und wie in jedem Beruf, bekommt man einen Burnout, wenn man zu viel arbeitet.“
Seitdem wirkte die belgische Pop-Ikone etwa an Musikvideos von Stars wie Dua Lipa oder Billie Eilish mit und brachte Modekollektionen heraus. Um so größer war die Aufregung, als Stromae im Herbst mit „Santé“ wieder eine Single veröffentlichte. Sein zweites neues Lied präsentierte er dann live im französischen Fernsehen.
Während es Lob dafür regnete, dass der 36-Jährige in „L’Enfer“ offen über Depressionen sang, eckte die Präsentation des Songs, als Antwort auf eine Interviewfrage, an. Einige fanden es seltsam, dass Stromae einfach so zu singen begann. Zu viel Inszenierung dafür, dass der Künstler echte Emotionen zeigen wolle, kritisierten andere.
In einer der drei „Vorpremieren“ in Paris gibt Stromae zu, ein bisschen gestresst zu sein. Doch dann wirkt auch dort alles genauestens durchchoreographiert. Videos mit animiertem Stromae, Anleitungen für Tanzmoves zum Mitmachen, ein bizarrer Auftritt eines Roboterhunds zwischen zwei Tracks.
Die Fans, schon euphorisch, als sie der Zeichentrick-Stromae von der Leinwand ansieht, feiern dann am meisten aber doch Klassiker wie „Formidable“, „Papaoutai“ oder „Alors On Danse“. Beim Rausgehen erzählen sie, dass sie es „unglaublich“ und „super“ fanden. Ob das überschwängliche Lob auch für die neuen Lieder gilt oder eher dem Idol und seinen früheren Hits geschuldet sind, wird sich zeigen.
Das Album „Multitude“ erscheint kommenden Freitag (4.3.) bei Universal Music.