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„Hell, I wanna see you dance!“: Bei Hawel/McPhail fällt Innehalten schwer


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Das Hamburger Duo Hawel/McPhail trat am Mittwochabend im Molotow Backyard auf. Foto: Katja Schwemmers

Melodiöser Garagenrock, trockener Humor und Outfits im Partnerlook sind die Zutaten, mit dem Hamburgs neues Musikduo Hawel/McPhail am Dienstag bei seinem Debüt-Gig vor echten Menschen im ausverkauften Molotow Backyard begeistert. Dabei hatte Sänger Frehn Hawel am Anfang des Konzerts noch tief gestapelt: „Das ist ein Crashkurs in Sachen Live-Entertainment, wir haben ja alle viel verlernt.“

Hawel (einst The Last Things, Tigerbeat und Neat, Neat, Neat) und Rick McPhails (einst Venus Vegas und Glacier, aktuell Tocotronic und Mint Mind) sind seit über 20 Jahren umtriebig in der hiesigen Musikszene. Ihre Wege kreuzten sich oft, nur standen sie nicht zusammen zur gleichen Zeit auf einer Bühne. Dabei ergänzen sie sich gerade live bestens: McPhail darf sich endlich mal wieder als Taktgeber an den Trommeln ausleben und steuert den Backgroundchor bei. Hawel ist für den dreckigen Gitarrensound sowie den Leadgesang zuständig, der je nach Spielart auch mal rau daherkommt. In Kombination klingen die Zwei schon beim Eröffnungssong „Pause Play“ so kraft- und druckvoll, dass der oft bemühte Spruch „weniger ist mehr“ hier tatsächlich zutreffend ist. Sixties, Garage und Blues sind die Zutaten für ihren Sound, der mitunter an The Hives, Jon Spencer Blues Explosion und Queens Of The Stone Age erinnert.

Hawel/McPhail machen Garagen-Rock‘n‘Roll mit gesellschaftskritischen Botschaften

Für einen Moment vermutet man gar Psychedelisches: „Im nächsten Stück geht es um eine Armee von Einhörnern, die auf einem Gitarrenhals längsgaloppieren und dabei ein neues Universum aufmachen. Es ist sehr komplex und angelegt als siebensaitige Suite, die ungefähr zweieinhalb Stunden dauert – ganz so wie ein BAP-Konzert.“ Erwartungsvoll sitzt das Publikum auf den Bierbänken, zum Glück offenbart sich „Get Down Children“ dann doch als schnörkelloser Rock’n’Roll. „Hell, I wanna see you dance!“, ruft Hawel zu den ersten Tönen. Der Refrain ist griffig, der Song wie gemacht für den schwitzigen Kellerclub in Nicht-Pandemie-Zeiten. Bewegungsdrang kommt auf. Aber wohin nur mit dem Übermut? Am besten über die Poren ausscheiden, empfiehlt Hawel: „Ihr seid heiß, das merkt man. Aber Tanzen dürfen wir ja alle gerade nicht. Sehr vernünftig, dass ihr inne gehalten habt.“ Auch wenn’s schwer fällt.

Auch Hawels musikalische Vergangenheit fließt mit ein: „Come Around Again“, das seine Kombo The Last Things früher oft im Molotow spielte, schafft es genauso ins Set wie „Ain’t Diggin’ Your Scene“ von Tigerbeat. „Wir können Superschlüsse“, kommentiert er nach dem knackigen Ende des Liedes. Auch Hawel/McPhail-Songs enden gerne abrupt. Ein Lied widmen sie Velvet Bein, auf dessen jungem Label „La Pochette Surprise“ vor einigen Wochen ihr Debütalbum „Transmissions From The Upper Room“ erschienen ist. „Der Mann hat den Hamburger Underground wieder auf die Karte gebracht“, meint Hawel.

Dass ihr Garagen-Rock’n’Roll gesellschaftskritische Botschaften miteinbezieht, verdeutlicht das Duo mit dem Song „Random Revolution“: Hawel verweist auf die zurückliegende Fußball-EM, in der als Zeichen gegen Rassismus gern mal in die Knie gegangen wurde, es nach der Niederlage der Engländer dann aber doch jede Menge Hetze gegen schwarze Spieler gab. „Das Stück handelt von leeren Slogans, die nichts bedeuten.“ Ist gut, klingt gut, sieht gut aus. Bitte bald mehr davon!

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