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Ska-Punk-Legenden Rantanplan: „Pseudo-anarchistische Mamasöhnchen werfen uns jetzt den Ausverkauf vor“

Das sind sie nicht alle: Rantanplan-Sänger und -Gitarrist Torben Möller-Meissner und Trompeter Ulf Werner (Wanne) haben es sich im Bad gemütlich gemacht. Bassist Kalle und Drummer Marlon sind nicht mit auf dem Bild.
Das sind sie nicht alle: Rantanplan-Sänger und -Gitarrist Torben Möller-Meissner und Trompeter Ulf Werner (Wanne) haben es sich im Bad gemütlich gemacht. Bassist Kalle und Drummer Marlon sind nicht mit auf dem Bild.
Foto: Michael Raadts

Rantanplan aus Hamburg sind Ska-Punk-Legenden in Deutschland. Torben Möller-Meissner gründete die Band in den 90ern zusammen mit Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff (mittlerweile beide bei Kettcar/Grand Hotel van Cleef). Mit dem verbliebenen Rantanplan-Gründungsmitglied, Sänger und Gitarrist Torben sprach MOPOP über das neue maritime Album „Ahoi“, „depressive Säufermusik“, die er nicht machen wollte, Chartplatzierungen und das Aussterben von Subkulturen.

MOPOP: Ihr hattet schon ein Album nahezu komplett fertig. Habt das dann aber über Bord geworfen und „Ahoi“ gemacht. Was war denn da los?

Torben Möller-Meissner: „Ahoi“ sollte die Scheibe von Anfang an heißen und – nach der gruseligen Pandemie – ein positiver Lichtblick mit euphorischer Aufbruchstimmung werden. Während der ursprünglichen Produktion unter Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen haben wir uns aber in düsterem Songmaterial verheddert, das mit unserer Intuition irgendwann überhaupt nichts mehr zu tun hatte. Das war bestenfalls depressive Säufermusik. Das hat sich einfach nicht mehr gut und richtig angefühlt. Damit wollte ich nichts mehr zu tun haben und habe die Notbremse gezogen.

Auf dem „Ahoi“-Albumcover (erschienen bei Sbäm/Broken Silence) wird es gefährlich. Frontmann Torben Müller-Meissner erzählt im MOPOP-Interview die Geschichte dahinter.

Wenn man sich nun Cover und Titel anguckt, könnte man denken, es ist ein Hamburg-Konzeptalbum?

Es ist auch eins, aber nicht über Hamburg, sondern über Hafen, Seefahrt, Meer, Fernweh und Sehnsucht. Der Hamburger Hafen spielt da natürlich auch eine Rolle, eine Größere allerdings der Einfluss meines Großvaters, der ein gestandener Seemann war.

Wer ist der Mann auf dem Cover? Und musstet ihr ihn dann nachher eigentlich retten?

Das ist Onkel Hotte mit seinem sauschweren Spezialrad. Hotte ist eine Hamburger Türsteher-Legende und unter anderem auch aus der Astra-Werbung bekannt. Wir haben früher zusammen beim 1.FC Irreal KGB Fußball gespielt, eine Betriebsmannschaft eines Getränkemarkts im Karoviertel. Wir mussten ihn nicht retten, hatten aber das Rad mit einem Seil gesichert. Das darf man unter keinen Umständen nachmachen! Das ist mehr als lebensgefährlich. Die Strömung in solchen Gewässern ist selbst für erfahrenste Schwimmer zu stark und tückisch.

Kannst du noch mal mehr von deinem Seefahrer-Opa erzählen?

Ja. Er war das, seitdem die Nazis ihn einst auf ein Kriegsschiff zwangen. Sie hatten seinen Vater ins KZ gesteckt und gesagt: „Entweder du gehst auf das Boot oder du gehst auch ins KZ.“ Das Schiff wurde versenkt und er trieb lange im Atlantik. Dabei ist sein Herzmuskel angerissen, aber seine Verbundenheit zur See blieb ein Leben lang bestehen und er lebte auf seiner kleinen Segelyacht. Er fuhr mit mir über Nord- und Ostsee und das waren sehr prägende Erlebnisse für mich. Da habe ich unglaublichen Respekt vor dem offenen Meer mit seinem Seegang und Sturm gelernt.

Schön ist es trotzdem, auch wenn mir jetzt irgendwelche pseudo-anarchistischen Mamasöhnchen den Ausverkauf vorwerfen.

Torben Müller-Meissner über den 11. Platz in den Charts

Wie wichtig ist es eigentlich fürs Feeling, das Album dann auch in einem Hamburger Studio und noch dazu in so einem renommierten wie dem Clouds Hill zu machen?

Im Clouds Hill fühlen wir uns ein bisschen wie zuhause. Wir haben dort schon öfter produziert. Es ist groß und hat eine einmalige Ausstattung. Johann Scheerer (der Inhaber von Clouds Hill, Anm. d. Red.) ist ein Supertyp und hat zum Beispiel den Track „Tu es“ vom Album „Unleashed“ produziert, der klingt einfach nur geil. Dieses mal waren wir mit Produzent Benno Kupsa dort, der mit großem Eifer den zweiten Anlauf von „Ahoi“ umgesetzt hat. Im Zusammenspiel mit dem Clouds Hill war das letztendlich eine ideale Kombi.

Das Album ist auf Platz 11 der Charts gelandet. Bedeutet dir sowas viel oder ist das alles nicht mehr so wichtig?

Das hat uns natürlich hart geflasht. Ich hatte nach dem Zusammenbruch der Produktion in der Pandemie mit Depressionen zu kämpfen und die Chartplatzierung ist dabei etwas Manna für die verwundete Seele. Vor 20 Jahren wäre die Platzierung mit sehr viel Geld einhergegangen. Heute gibt es dafür nur noch etwas Ruhm und Ehre. Schön ist es trotzdem, auch wenn mir jetzt irgendwelche pseudo-anarchistischen Mamasöhnchen den Ausverkauf vorwerfen.

Du bist das verbliebene Gründungsmitglied der Band. Läuft man da nicht Gefahr, auch mal den „Band-Kompass“ zu verlieren?

Es gab schon häufiger Situationen, in denen ich dachte: Das macht doch jetzt keinen Sinn mehr. Allerdings war dann da immer ein Rodrigo Gonzalez (von Die Ärzte, Anm. d. Red.), oder Ulf Werner oder Wido Sauer, die so eng an meine Seite rückten und meinten: „Das kriegen wir wieder hin, die Musik ist zu wichtig. Lass weitermachen …“ Und am Ende gibt es eh nichts Schöneres, als mit einem Haufen Menschen vor und auf der Bühne im Klang unserer treibenden Tanzmusik zu verschmelzen.

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Stichwort Rude Boys im Titelsong des Albums und Ska-Subkultur im Allgemeinen. Gibt es diese Subkultur eigentlich noch? Und entwickeln sich überhaupt noch neue?

Ich denke schon, dass es diese Nischen noch gibt und manch junger Mensch dafür auch nachwächst. Trotzdem sind Subkultur-Menschen so rar wie Sumatra-Nashörner. Neue Subkulturen beobachte ich nicht. Vermeintlich Neues wie K-Pop ist von vornherein mainstreambasiert. Alles wird heutzutage gecastet, nichts wächst mehr aus sich selbst heraus. Aufs Aussterben gehen wir letztlich alle gemeinsam zu. Der Mensch ist ganz allgemein zu entfremdet, gierig und verantwortungslos, dabei noch arrogant und schlecht gebildet. Wir können ja noch nichtmal den Kapitalismus überwinden. Umso mehr genieße ich unsere kleine libertäre antifaschistische und vegane Bandwelt.

„Ahoi“ ist bei Sbäm/Broken Silence erschienen. Für das „Heimspiel 8:0“-Konzert am 16. Dezember im Uebel & Gefährlich gibt es hier ab 29,70 Euro Tickets.

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