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„Der Wahnsinn ist nun mal unendlich“: Oliver Kalkofe über peinliche Promis, schlimme TV-Shows und das „#EKAMM-Festival“


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Oliver Kalkofe, der „Kalkinator“, verbindet seit bald 30 Jahren TV-Kritik mit bissigem Humor. Foto: imago

Es gibt eigentlich nichts, was der Satiriker, Parodist, Schauspieler und Kolumnist nicht kann, doch seine Fans lieben den mit dem Grimme-Preis geehrten Oliver Kalkofe (55) vor allem für die „Mattscheibe” (auf Tele5), in der er sich seit Mitte der 90er gnadenlos TV-Trash und Möchtegern-Promis vorknöpft. Und er macht mit beim „EKAMM“-Solidaritätsfestival für Kulturschaffende in Not.

MOPOP: Seit 27 Jahren sind Sie mit „Kalkofes Mattscheibe“ im Fernsehen. Hat jemand mitgezählt, wie viele Leute Sie schon parodiert haben?

Oliver Kalkofe: Nein, es ist nicht mehr zählbar, inzwischen sind es mehrere tausend Einzelnummern, da habe ich selbst keinen Überblick mehr. Als wir 25 Jahre Mattscheibe feierten, haben wir die Archive durchwühlt und ich konnte mich an viele Sketche überhaupt nicht mehr erinnern. Es sind einfach zu viele.

Der Stoff wird Ihnen so bald nicht ausgehen, zumal Sie mittlerweile auch Influencer:innen aufs Korn nehmen. Kann Sie eigentlich noch irgendwas erschüttern?

Ich habe schon oft gedacht, ich hätte wahrscheinlich jede Form von Beklopptheit bereits gesehen – aber dann kommt immer irgendjemand und lässt einem den Unterkiefer wieder nach unten klappen. Der Wahnsinn ist nun mal unendlich, ich befürchte es wird immer mehr als genug davon geben.

Angesichts der Flut von Trash in TV und Internet – nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wen Sie parodieren?

Die Vorlage muss diesen typischen ‚What-the-fuck?‘-Moment beim Anschauen auslösen und einen ungewollt zum Lachen und/oder Kopfschütteln bringen und möglichst eine gewisse mediale, politische oder gesellschaftliche Relevanz haben. Je bescheuerter desto besser, es macht natürlich besonders viel Spaß, wenn die jeweilige Vorlage schräge Besonderheiten mitbringt, an denen man sich entlang arbeiten kann.

Sie kopieren Ihre Opfer auch äußerlich bis ins kleinste Detail. Wer steckt dahinter?

Wir haben seit vielen Jahren das gleiche, großartige Masken- und Kostüm-Team, die eine fantastische Arbeit machen. Die Klamotten machen natürlich Probleme, weil man nur äußerst selten die Original-Vorlage in meiner Größe bekommt, da muss sehr viel geschneidert werden.

Bei wem war die Parodie besonders schwierig?

Donald Trump fiel mir anfangs sehr schwer, weil es bereits so viele tolle Parodien von ihm gibt, aber irgendwann hat es mir dann doch Spaß gemacht. Aber es ist immer Glückssache, ich bin ja kein gelernter Parodist. Ich habe auch kaum Zeit, mich darauf besonders vorzubereiten, schau mir die Person nur genau an und versuche dann mein Bestes, möglichst nah und lustig an den Charakter heranzukommen. Das klappt mal besser und mal schlechter, aber zum Glück oft auch sehr gut.

Das war eine freiwillige Arschbombe in die Jauchekuhle.

Kalkofe über die Geschehnisse rund um die Sat.1-Sendung „Promis unter Palmen“

Wenn Sie an die vergangenen Monate denken: Was war für Sie die schlimmste, die peinlichste TV-Sendung?

„Promis unter Palmen“ hat es schon geschafft, nach den furchtbaren Entgleisungen des letzten Jahres das Niveau noch einmal ein paar Etagen zu unterkellern. Wobei man so sehr auf asoziale Konfrontation setzte, dass Sat.1 nach Protesten aus den Entschuldigungen gar nicht mehr rauskam, die erste Folge aus der Mediathek nahm, die zweite um 30 Minuten kürzte und nach dem tragischen Tod von Willi Herren die Sendung komplett einstellte. Das war eine freiwillige Arschbombe in die Jauchekuhle!

Die TV-Sender haben unter der Streaming-Konkurrenz zu leiden, haben dem aber offensichtlich kaum etwas entgegenzusetzen. Wären Sie Programmdirektor eines Senders, was würden Sie sofort ändern?

Ich würde eine einfache Regel aufstellen: Jeder Redakteur und Programmverantwortliche muss sich die eigenen Formate komplett und ohne Ablenkung selbst mit seiner Familie ansehen! Die meisten Programme wären ihnen sehr schnell vor den eigenen Kindern zu peinlich, und es wäre ihnen zu schade um die eigene Lebenszeit – so würde ein Großteil des Schrotts nicht mehr produziert werden. Generell sollten TV-Macher wieder viel mehr Sendungen produzieren, die ihnen selbst auch gefallen und an die sie selber glauben. 

Programmverantwortliche müssten sich die eigenen Formate komplett selbst mit ihrer Familie ansehen!

Oliver Kalkofe (

Die Kabarettistin Lisa Eckhart hat es vor einigen Monaten erfahren, auch Florian Schroeder und andere: Satire wird nicht von jedem verstanden, und alles muss politisch korrekt sein. Werden Sie sich auch künftig noch an alles rantrauen?

Ich habe immer das gesagt und gemacht, was ich in dem jeweiligen Moment so für verantwortbar und okay hielt. Trotzdem kommt es vor, dass man mit Abstand einiges anders bewertet und nicht mehr so machen würde, das gehört zur Kunst und zum Leben. Aber ich versuche auch weiterhin, meinem eigenen Kompass zu vertrauen und das zu sagen, was ich für richtig halte.

Es ist schon sehr schwer, lustig zu sein, wenn man nie hören kann, ob einer lacht

Kalkofe über die fehlenden Live-Auftritte in der Corona-Zeit

Seit mehr als einem Jahr gibt es kaum noch Kulturveranstaltungen und das „Einer kommt“-Festival 2020 war ein großer Erfolg. Dieses Jahr sind Sie auch dabei. Verraten Sie uns, was Ihr Beitrag ist?

Ich melde mich aus dem Winterhuder Fährhaus mit einem kleinen aktuellen Situationsbericht aus der schwierig-bizarren Situation, in der wir uns alle schon so lange befinden. Manchmal hilft da nur noch Humor.

Wenn es wieder möglich ist: Haben Sie Live-Auftritte geplant?

Mein Kollege Peter Rütten und ich hatten kurz vor Beginn der Pandemie eine große „#SchleFaZ“-Deutschland-Tour geplant. Ich hoffe, dass das bald wieder möglich ist. Es ist schon sehr schwer, lustig zu sein, wenn man nie hören kann, ob einer lacht.

„Einer kommt, alle machen mit“: Acht Hamburger Bühnen, viele Promis, eine Show – das Solidaritäts-Festival „Einer kommt, alle machen mit“ (kurz: #EKAMM) sammelt Geld für Kulturschaffende in Not. Neben Oliver Kalkofe sind unter anderen Ina Müller, Bjarne Mädel, Tim Mälzer, Marek Erhardt, Torsten Sträter, Frank Spilker (Die Sterne), Eckart von Hirschhausen und Christine Westermann dabei. Sie singen, lesen und spielen in Hamburger Kulturorten wie dem Molotow, dem Ohnsorg, dem Zeise oder dem St. Pauli-Theater – alle für den guten Zweck und natürlich ohne Live-Publikum. Zu sehen gibt’s die Show ab 12. Mai (20 Uhr) im Internet. Bei Kauf des Tickets (22 Euro, u. a. über Reservix und Ticketmaster) gibt’s einen Zugangscode, mit dem man das Programm eine Woche lang streamen kann. Alle Infos hier!

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