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Andreas Muhme: Seine „Faces Of St. Pauli“ gibt’s jetzt auch in Buchform!

Der Mann hinter den „Faces Of St. Pauli“: Andreas Muhme.
07.03.2022 Kiezmenschen Andreas Muhme-- Personlichkeitsrechte beachten -- Abdruck nur gegen Honorar Fotograf Marius Roeer Schemmannstr 32b 22359 Hamburg Tel 01724038211 [email protected] Bankverbindung Konto: 1217 492832 BLZ: 20050550 Hamburger Sparkasse IBAN: DE53200505501217492832 BIC: HASPDEHHXXX (Hamburg) StNr. 50/200/00599 Finanzamt Hamburg Oberalster Steuersatz 7% bei redaktioneller Verwendung Mitglied KSK-- Personlichkeitsrechte beachten -- Abdruck nur gegen Honorar Fotograf Marius Roeer Schemmannstr 32b 22359 Hamburg Tel 01724038211 [email protected] Bankverbindung Konto: 1217 492832 BLZ: 20050550 Hamburger Sparkasse IBAN: DE53200505501217492832 BIC: HASPDEHHXXX (Hamburg) StNr. 50/200/00599 Finanzamt Hamburg Oberalster Steuersatz 7% bei redaktioneller Verwendung Mitglied KSK
Foto: Marius Röer

Wohl kaum ein anderer dokumentiert die Menschen von St. Pauli so authentisch wie Fotograf Andreas Muhme. Seine „Faces Of St. Pauli“ gibt’s jetzt auch in Buchform. Wir haben mit ihm im MOPOP-Gespräch über seine Begeisterung für den Kiez, das Konzept des Buches, die Qual der Wahl und die verrücktesten Geschichten rund um die Shootings gesprochen.

MOPOP: Wie bist du Kiez-Fotograf geworden und was ist das Konzept deines Buches?

Andreas Muhme: Ich war schon immer von St. Pauli fasziniert. 1990 habe ich dort auf dem Wirtschaftsgymnasium mein Abitur gemacht, bin während meiner Lehre zum Fotografen schon viel auf dem Kiez unterwegs gewesen und schließlich Silvester 1994/1995 gänzlich auf den Kiez gezogen. „Faces Of St. Pauli“ zeigt Portraits von Menschen, die hier leben oder arbeiten und mit ihrem Dasein den Stadtteil prägen. Es sind Künstler:innen, Gastronom:innen, Sozialarbeitende, politisch Engagierte, Wütende, Traurige, Hoffnungsvolle, Paradiesvögel und Gestrandete. Im Foto-Bildband füllt jedes Face eine Doppelseite mit zwei Schwarz-Weiß-Portraits – einem verdeckten sowie einem klaren Bild. Ich wollte damit das Lebensgefühl visualisieren, den unverwechselbaren Kern meines Gegenübers. Betrachtende lernen die Paulianerin oder den Paulianer über ihre Kurzvita kennen und erfahren, was das Leben auf dem Kiez für sie ausmacht. Für mich bringt schon die Einleitung von Simone Buchholz auf den Punkt, worum es geht: „St. Pauli ist schuld, dass ich so aussehe.“

So sieht das Cover aus. Foto: Andres Muhme

Im Vorwort schreibt Autorin Simone Buchholz auch, dass St. Pauli ein ganz besonderer Stadtteil ist. Warum ist er das für dich?

Ich denke, das Besondere des Stadtteils ist schon in seiner Geschichte verankert. Er ist ein für mich unverwechselbarer Ort, in dem damals zur Zeit der Pesthöfe die „Tollen” untergebracht wurden, weil sie anders waren und keiner ihre Art begreifen konnte. In der Beatles-Zeit entstand hier eine starke Jugendkultur. Der Stadtteil scheint die Verrückten, und das meine ich im absolut positiven Sinne, immer wieder anzuziehen. Auf jeden Fall hat er mich immer angezogen. St. Pauli ist das größte Amüsierviertel Deutschlands. Gleichzeitig wohnen da aber auch 20.000 Menschen. Gefühlt jedes Wochenende im Sommer finden Großveranstaltungen statt: Hafengeburtstag, Harley-Days, Schlagermove und so weiter! Wer das alles auf sich nimmt, muss schon etwas verrückt sein.

Die Fotos waren auch schon an allerlei Stellen im Stadtbild zu sehen. Foto: Andreas Muhme

Erklär das Konzept des Buches mit den jeweils zwei Fotos noch mal näher.

Da muss ich etwas ausholen: Die Grundidee war, eine Portrait-Reihe der Menschen zu machen, die den Kiez prägen. Wohin diese Reise genau gehen sollte, wusste ich damals noch nicht. Aber ich wollte natürlich auch viele Neugierige auf meine Webseite locken. Als ich aber meine ersten Fotos auf Social Media gepostet hatte, bemerkte ich, dass natürlich niemand mehr auf meine Seite ging, da alle schon das Foto des Menschen gesehen hatten. Also habe ich mir die Idee mit den verdeckten Bildern einfallen lassen. Irgendwann kamen die Leute auf immer lustigere Ideen mit der Maskerade, sodass diese Bilder auch eine stärkere Gewichtung bekamen. Und von Anfang an habe ich alle Porträtierten um ein kurzes Zitat zu St. Pauli gebeten, um zu verstehen, wie sie den Stadtteil sehen. Im Buch kommt schließlich alles zusammen, woran ich gearbeitet habe: die beiden Fotos, Vorstellung und Zitat.

Philip, der Helgoländer aus der Tortuga Bar. Foto: Andreas Muhme

Wie hast du die Leute ausgewählt, die es ins Buch geschafft haben?

Das war die schwierigste Aufgabe des ganzen Projektes. Der wichtigste Punkt war letztendlich das verdeckte Foto. Je spannender, desto größer die Chancen, ins Buch zu kommen. Hinzu kam, dass ich auch ein möglichst großes Spektrum vom Kiez und nicht nur Menschen aus meinen Lieblingskneipen zeigen wollte. Natürlich ist der Rampensau-Bonus auch nicht außer Acht zu lassen. Letzten Endes ist für mich Philip, der Helgoländer aus der Tortuga Bar, genauso wertvoll für das Projekt wie Olivia Jones. Und für viele, die ich persönlich sehr gerne mag, tut es mir immer noch ein bisschen weh …

Olivia Jones‘ glamouröse Pracht fotografiert von Andreas Muhme.

Wie viele sind im Buch und wie viele St.-Paulianer hast du insgesamt fotografiert?

120 Menschen sind im Buch. Insgesamt habe ich schon über 200 fotografiert, aber als die Entscheidungen für das Buch fielen, waren es ca. 180. Sprich ich konnte zwei Drittel reinnehmen. Böse war, denke und hoffe ich, niemand. Etwas enttäuscht waren sicherlich einige. Wäre ich wahrscheinlich auch gewesen …

Eve Champagne, der Schlingel, hat ihren BH bei Andres Muhme vergessen. Foto: Andreas Muhme

An welches Shooting denkst du am häufigsten zurück?

Kann ich gar nicht sagen. Sehr viele endeten mit Kaltgetränken, da ich viele Shootings am Freitag gemacht habe. Da habe ich mich mit so einigen festgequatscht und natürlich auch gleich besser kennengelernt. Vieles war lustig, wie zum Beispiel, dass Eve Champagne ihren BH bei mir vergessen hat und meine Frau später nur trocken meinte, das sei nicht ihre Größe. Andere waren schwierig, wie Rosi McGinnity, die mir beim Shooting sagte, dass ihre Augen nicht mehr so gut sind und direkter Blitz deswegen nicht gut wäre. Da stand ich dann mit meinem fetten Ringblitz. Also hatte ich nur ein Foto. Beim Verdeckten durfte sie dann ihre Sonnenbrille aufsetzen. Aber natürlich hat jedes Foto seine ganz eigene Geschichte.

Lässige Rosi McGinnity. Foto: Andreas Muhme

Was hast du da bitte bei deinem Selbstportrait gemacht?

Eine Packung Heilerde ins Gesicht gekleistert. Ich war schon als Kind großer Horrorfilm-Fan und mein Face ist eine Reminiszenz an den Golem.

Horrorfilm-Fan und Fotograf Andreas Muhme im Selbstportrait.

Wer war der/die Verrückteste?

Ich denke, der Verrückteste wird immer Torben aus der Tortuga Bar bleiben. Der hatte so einen zerfledderten St. Pauli-Plan mit, den er sich vors Gesicht hielt. Dann meinte er plötzlich, dass das noch zu langweilig sei und nahm seine Zähne heraus. Ich weiss nicht, wer das noch toppen will. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

Torben aus der Tortuga Bar nahm sogar seine Zähne fürs Foto heraus. Foto: Andreas Muhme

Und was war die verrückteste Sache, die mitgebracht wurde?

Also einen Dildo auf St. Pauli als verrückt zu bezeichnen wäre schon recht armselig. Aber es hat lange gedauert, bis Michael Albrecht auf die Idee kam. Aber in Kombi mit einem Tütü – großartig. Simone aus dem Bullauge Küchenklatsch brachte, oh Wunder, ein Bullauge mit. Nach zehn Bildern fing sie langsam an zu stöhnen, das Ding war echt heavy. Ach, und André Freiberg hat seine Tret-Harley in mein Wohnzimmer geschleppt!

André Freiberg hat ordentlich was ins Wohnzimmer geschleppt. Foto: Andreas Muhme

Faces Of St. Pauli: Das Buch mit 252 Seiten ist beim Weissmann-Verlag erschienen. Für 39 Euro bekommt man es auch im MOPO-Shop.

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