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Als Liedermacher stürmt Danger Dan die Charts


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Danger Dan (37) und sein Klavier sind gerade schwer gefragt. Der Mops kann’s noch gar nicht so recht glauben. Foto: Jaro Suffner

Der 37-jährige Rapper über sein Album „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“

Danger Dan (37) kennt man als politischen Rapper bei der Antilopen Gang. Sein Song „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ hat eine riesige Welle ausgelöst, weil er sich plietsch gegen Rechte wie Elsässer, Kubitschek, Gauland und Jebsen und gegen Polizeigewalt positioniert. Heute ist sein Liedermacher-Album erschienen. MOPOP sprach mit Danger Dan über die verrückte Welle, seine Familie, das neue Genre, Lou Reed und das Schulsystem.

MOPOP: Was war das Krasseste, das zuletzt passiert ist?

Danger Dan: Der Auftritt zusammen mit dem Weltklasse-Pianisten Igor Levit in Jan Böhmermanns Show war schon richtig toll. Aber ich glaube, ich brauche zwei bis drei Monate Abstand, um das sagen zu können. Die Ereignisdichte ist so hoch –  ich stecke da gerade noch zu tief drin.

Sind Sie besonders stolz auf diesen einen Song?

Ich freue mich über die mediale Aufmerksamkeit. Aber ob das jetzt der Höhepunkt meines kreativen Schaffens ist, da bin ich mir gar nicht so sicher. Andere Songs auf dem Album finde ich noch viel besser. „Eine gute Nachricht“ ist für mich zum Beispiel das beste Lied, das ich je geschrieben habe.

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Was sagen Ihre Eltern? Die haben Sie ja einst an Liedermacher herangeführt.

Meine Eltern finden mich auch so ganz cool. Auch wenn ich kein Liedermacher-Album oder ein ganz unerfolgreiches Album machen würde, wären die große Fans. Die wollen einfach, dass ich glücklich bin und dass es mir gutgeht.

Thees Uhlmann hat sich auch gemeldet, weil er das Album bei „Grand Hotel van Cleef“ herausbringen wollte – aber es erscheint beim eigenen Label „Antilopen Geldwäsche“.

 

Die beiden anderen von der Antilopen Gang – ihr Bruder Panik Panzer und Koljah – haben ja einen lustigen Vergleich mit den Beginnern gemacht. Die beiden seien Denyo und DJ Mad – und Sie nun der erfolgreiche Solokünstler Jan Delay. Sind die beiden aufrichtig neidisch?

Die beiden sind total involviert. Wir sind ja nun auch unser eigenes Label „Antilopen Geldwäsche“ – die beiden gehen ganz gut in ihrer Rolle als Plattenbosse auf. Beim Album hat Koljah alle Texte gelesen, bevor ich sie gesungen habe. Ich selbst habe nie auf Aufnahme gedrückt – das war immer Panik Panzer. Das ist ein Werk, das wir zu dritt geschaffen haben. Die sind genauso stolz wie ich.

Hat sich mittlerweile jemand von den adressierten Bösen in „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ gemeldet?

Bisher noch nicht. Ich habe heute aber auch noch nicht in den Briefkasten geguckt. Aber da wird auch wieder nichts drin sein. Höchstens ein Knöllchen, weil meine Mitbewohnerin falsch geparkt hat.

Gibt es viele Hass-Kommentare?

Es gibt ein leichtes Rumoren im Internet, aber das kenne ich auch schon von Antilopen-Songs wie „Beate Zschäpe hört U2“ – da war es auch intensiver als jetzt. Das Positive überlagert das Negative gerade.

Sind Sie wegen des neuen Genres nun besonders aufgeregt?

Superaufgeregt. Das war die große Frage, ob unsere und meine Fans total enttäuscht sind, weil ich ganz andere Musik mache. Mein Bauchgefühl war aber die ganze Zeit: Entweder geht das total als randständige Kleinkunst unter oder es wird richtig groß.

War das Texten schwieriger?

Anders schwierig. Das Album hat viel weniger Textanteil als ein Rap-Album, aber muss deswegen deutlich pointierter sein. Und wenn ein Mensch singt und Klavier spielt, ist das in sich schon recht kitschig. Wenn der Text dann noch pathetisch ist, wird es ganz schnell unangenehm. Das habe ich mir ein bisschen einfacher vorgestellt, weil es einen doch ein Stückweit limitiert. Aber ich glaube, ich habe die Gratwanderung ganz gut hinbekommen. Ich liebe Kitsch und Schnulz auch, aber wenn es ein Tropfen zu viel ist, dann ist es nicht mehr gut.

Ist deswegen auch das verrückte „Beginne jeden Tag mit einem Lächeln“ der letzte Song, um das Ganze auf die Schippe zu nehmen?

Ja. Der ist wie eine Zugabe, mit der ich noch mal alles negiere, was ich vorher aufgebaut habe. Mit den Armen alles einreißen, was ich vorher mit den Händen erschaffen habe. Nichts in einer harmonischen Stimmung zurücklassen.

Haben Sie mit dem Album jetzt die Hoffnung, noch mal ganz andere Leute zu erreichen?

Ich würde mich freuen, wenn die Eltern von Antilopen-Gang-Fans mit zu meinen Konzerten kommen würden.

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Der Song „Lauf davon“ handelt von Lou Reed – live waren sie enttäuscht von ihm.

Ja, das war tatsächlich nicht der Lou Reed, den ich mir vorgestellt hatte. Das war 2012 – da war er leider schon superkrank und vom Drogen- und Alkoholkonsum gezeichnet. Ein paar Monate später ist er dann auch verstorben. Dieser queere, abgefahrene, auf alles scheißende Typ, der gegen jede Konvention und Bürgerlichkeit mit seinem ganzen Lebensentwurf  angekämpft hat und gleichzeitig superzärtlich war, ist gar nicht mehr so rübergekommen. Aber ich bin trotzdem froh, dass ich ihn noch mal erleben konnte.

Im Song geht’s auch um eine Bewerbung auf einen Agentur-Job. Da geht’s aber nicht um Sie selbst, oder?

Nein, das ist Fiktion. Ich habe eine ganz löchrige und defekte Bildungsbiografie. Wenn ich mich irgendwo schriftlich bewerben würde, würde mich keiner nehmen.

Dieser queere, abgefahrene, auf alles scheißende Typ, der gegen jede Konvention und Bürgerlichkeit mit seinem ganzen Lebensentwurf  angekämpft hat und gleichzeitig superzärtlich war, ist gar nicht mehr so rübergekommen. Aber ich bin trotzdem froh, dass ich ihn noch mal erleben konnte.

Danger Dan über Lou Reed

Mit „Ingloria Victoria“ rechnen Sie mit Ihrer Schulzeit ab.

Ich war auf mehr Schulen, als ich Klassen abgeschlossen habe – ich habe die elfte Klasse nie geschafft und elf Schulen besucht. Ich bin runtergeflogen, umgezogen, sitzengeblieben oder habe umgeschult. Die elfte Klasse habe ich, glaube ich, vier mal versucht. Ich habe immer die Erfahrung gemacht, irgendwie defizitär zu sein. Das kriegt man ja auch in den Noten oder später mit dem Abgang gesagt: „Du hast keine Chance hier, das funktioniert so nicht, hau ab!“ Das war sehr anstrengend, weil es Jahre gedauert hat, bis ich mich wieder mit mir anfreunden konnte – ich hatte irgendwann Selbstzweifel.

Ich war auf mehr Schulen, als ich Klassen abgeschlossen habe – ich habe die elfte Klasse nie geschafft und elf Schulen besucht.

Danger Dan über seine Schulzeit

Später waren Sie dann auch Lehrer.

Als studentische Aushilfe habe ich in einem Kinder- und Jugendhilfe-Projekt angefangen, wo Kinder unterkommen, deren Eltern das Sorgerecht nicht wahrnehmen können. Die waren teilweise auch schwierige Schulkinder wie ich und in externen Klassen. Dort habe ich als Lehrer mitgearbeitet. Ich hatte einen guten Zugang zu den Kids, weil ich mich mit ihnen identifizieren konnte und andersherum. Die wussten, dass ich nicht irgendein Lehrer bin, sondern ihre Probleme kenne. Ich habe da aber auch nicht so viel Inhalt vermittelt – es ging um ganz andere Dinge. Mein Ziel war es, nicht zu sagen: „Du kannst das nicht, du bist schlecht!“, sondern: „Was willst und kannst du eigentlich?“ und „Du bist gut so, wie du bist!“

Warum hat in der Schule niemand Ihre Kreativität erkannt?

In Musik hatte ich sogar manchmal eine Fünf und in Deutsch auch immer richtig schlechte Noten. Ich finde, dass ich doch eigentlich ganz nett schreiben kann. Aber dann klappte die Rechtschreibung nicht oder ich war oft unpünktlich. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich mich nicht durch gute Noten profilieren kann, sondern dadurch, ein paar Päckchen Gras dabeizuhaben und die für zehn Euro zu verkaufen.

Danger Dans Konzerte am 10.5.2022 in der Markthalle und am 27. und 28.10.2022 in der Friedrich-Ebert-Halle sind ausverkauft!

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