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Reeperbahn: Erstes Pandemie-gerechtes Festival der Welt zu Ende – MOPOP zieht Bilanz

Die Sterne live: So sah der „Fernsehgarten“ auf dem Heiligengeistfeld aus. Stuhlpaar an Stuhlpaar. Großer Spaß war's trotzdem. Foto: Fynn Freund
Die Sterne live: So sah der „Fernsehgarten“ auf dem Heiligengeistfeld aus. Stuhlpaar an Stuhlpaar. Großer Spaß war's trotzdem. Foto: Fynn Freund
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Das erste Pandemie-gerechte Festival der Welt ist zu Ende, uff! Von Mittwoch bis Samstag hat sich das Reeperbahn-Festival mächtig ins Zeug gelegt, dass dieses Vorhaben gelingt – mit ausgeklügeltem Hygiene-Konzept, stark reduzierter Publikumszahl und einem umfangreichen Streaming-Programm für zu Hause auf der Couch. Ohne Fördergelder wäre das so nicht möglich gewesen. MOPOP hat das Experiment miterlebt und zieht Bilanz.

Mensch an Mensch, schwitzend, pogend, stagedivend, mitgrölend. Pure Live-Energie und diese unbeschreibliche Magie, wenn Künstler und Publikum eins werden … Erinnert ihr euch noch daran? So konnte es auf Konzerten sein – vor Corona. Seit mittlerweile mehr als sechs Monaten erscheinen solche Erlebnisse wie aus einer Parallelwelt. Die Pandemie hat der Konzert- und Veranstaltungsbranche übel zugesetzt. Vor ihr liegt ein schwarzes Loch: Ungewissheit.

Reeperbahn-Festival: Ausrichtung einer „Pandemie-Edition“

Die Macher des Reeperbahn-Festivals wollten diesen Zustand nicht akzeptieren und konzipierten deswegen die erste „Pandemie-Edition“ ihrer Veranstaltung. Vor jeder Location deswegen: Hände desinfizieren und QR-Code scannen – zur Kontaktdaten-Erfassung und zum Ein- und späteren Auschecken. Wo man sonst ins Konzertglück rein- und raustaumelt, zückt man erst mal das Handy. Das ist stark gewöhnungsbedürftig, keine Frage. Aber besser noch als zu Hause zu bleiben und nichts zu machen. Das geschundene Musikliebhaber-Herz geht mittlerweile sehr viele Kompromisse ein.

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Vor dem Konzertglück auf dem Reeperbahn-Festival erst mal einen QR-Code scannen

Deswegen akzeptiert man natürlich, dass man seine Maske nur auf seinem Platz abnehmen darf. Dass man sich auf einen Stuhl setzt, der zum nächsten Stuhl und Mensch im Sicherheitsabstand steht. Auf dem man nur auf dem Popo schunkeln kann. „Das ist hier wie im Fernsehgarten!“, beschrieb es die Band Blond bei ihrem Auftritt treffend. Und wenn man dann doch stehen darf, muss man es in auf dem Boden aufgesprühten Quadraten. Da bekommt „Square Dance“ eine ganz neue Bedeutung! Die Rapperin Haszcara erzählte MOPOP nach ihrem Auftritt: „Durch die Abstandsregeln und Masken konnte nicht das gleiche Crowdfeeling aufkommen wie sonst. Weil man sich nicht in den Armen liegen und mitschreien, -jubeln oder -rappen konnte.“ Dennoch sei sie dankbar für jede einzelne Person, die vor der Bühne stand und „Liebe gegeben hat“.

„Square Dance“?! Eher „Square Standing“ oder „Square Sitting“ in den aufgesprühten Quadraten vor der Bühne. Foto: Tom Heinke
„Square Dance“?! Eher „Square Standing“ oder „Square Sitting“ in den aufgesprühten Quadraten vor der Bühne. Foto: Tom Heinke

Die überwiegende Bestuhlung der Clubs und Open-Air-Locations, „nur“ ca. 150 Konzerte und Events sowie die stark gedrosselte Zuschaueranzahl (ca. 8.000, sonst 50.000) führten zu zwei Phänomenen: Entweder gab es lange Schlangen vor kleineren Konzertorten und ziemlich schnell Einlass-Stopp. Pech gehabt! Dann eben: nächster Club, nächster Versuch. Oder es blieben etliche hintere Stuhlreihen wie an der großen Bühne auf dem Heiligengeistfeld leer. Der Rapper Pöbel MC machte bei seinem Auftritt auf dem Spielbudenplatz folgende ironische Beobachtung: „Voll gut, dass draußen vor der Absperrung mehr Leute sind, als hier vor der Bühne!“ Außerhalb des Festival-Geländes nahm nämlich der ein oder andere die Abstandsregeln nicht ganz so genau wie innerhalb.

„Durch die Abstandsregeln und Masken konnte nicht das gleiche Crowdfeeling aufkommen wie sonst. Weil man sich nicht in den Armen liegen und mitschreien, -jubeln oder -rappen konnte. Dennoch bin ich jeder einzelnen Person dankbar, die vor der Bühne stand und Liebe gegeben hat.“

Rapperin Haszcara

Apropos Kiez: In all den anderen Jahren bemerkte man das Reeperbahn-Festival dort immer so richtig. Überall wurde Englisch gesprochen und weltoffene, verrückte Musikmenschen wuselten herum. Erkennungsmerkmal: Das Namensschild-Bändsel, das allen um den Hals baumelt. Diese Branchenmenschen waren aber in diesem Jahr kaum zu entdecken, weil das Konferenzprogramm ausschließlich im digitalen Raum stattfand.

Der Kiez war leiser und leerer in diesem Jahr

Im digitalen Raum erschaffte das Team des Reeperbahn-Festivals auch ein breites Streaming-Programm. Damit eben diejenigen, die vor den Clubs vergeblich anstanden, auch von zu Hause aus die Chance bekamen, in die Konzerte reinzugucken. Aber auch die Musikliebhaber, die gar kein Ticket erworben hatten, konnten das kostenlose Konzertprogramm ansehen. Die Songwriter Gisbert zu Knyphausen und Niels Frevert aus dem Michel oder die soulig-jazzige Rapperin Akua Naru sowie der New-Wave-Post-Punker Drangsal auf dem Heiligengeistfeld gemütlich vom Sofa aus nächster Nähe: so auch nur in diesem besonderen Jahr möglich! Dieses Angebot nutzten über die vier Tage 150.000 Menschen.

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Insgesamt möglich war das Festival nur, weil es Subventionen in Höhe von 1,9 Millionen Euro von Land und Bund bekommen hat. Chef Alexander Schulz bezeichnete das Festival im MOPOP-Interview deswegen auch als komplett „ökonomisches Kunstprodukt“. Ganz wichtig: Ohne die Fördergelder hätte es niemals stattfinden können. Und: Dieses ausgeklügelte Konzept mit geringerer Besucheranzahl und stetiger Desinfizierung und Durchlüftung der Clubs könnte niemals gewinnbringend von den Clubs allein umgesetzt werden.

Kultursenator Carsten Brosda (SPD) bezeichnete das Reeperbahn-Festival deswegen bei der Eröffnungsveranstaltung am Mittwoch als „Überlebenszeichen“ der Branche. Nun ist es an der Politik und der Branche selbst, sich dieses Experiment genau anzusehen, zu bewerten und Handlungsszenarien für die Zukunft abzuleiten.

Carsten Brosda bezeichnete das Festival als „Überlebenszeichen“ der Branche

Als stärkster Eindruck bleibt zurück: Alle – das Publikum, die Künstler, das Team des Reeperbahn-Festivals und auch die Securitys – haben sich wahnsinnig beispielhaft an das Konzept gehalten, was ja keine Selbstverständlichkeit ist. Sollten sich nicht im Nachhinein noch Corona-Infektionen herausstellen, ist die „Pandemie-Edition“ durch und durch geglückt.

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